Wie können Universitäten, Institute und Organisationen über ihre Forschung mit Tierversuchen informieren? Die Initiative Tierversuche verstehen zeigt, an welchen Einrichtungen das bereits geschieht und erhöht die Sichtbarkeit guter Beispiele. Sie zeichnet dazu Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen aus, die sich in vorbildlicher Weise für transparente und offene Kommunikation und den Dialog über Tierversuche und tierexperimentelle Forschung engagieren.
Die Auszeichnung soll auch neue Impulse und Anreize für andere Forschungseinrichtungen und -organisationen geben, eigene Kommunikationsanstrengungen zu intensivieren und zu verbessern.
Hat sich Ihre Einrichtung auch vorbildlich für transparente und offene Kommunikation über Tierversuche engagiert? Melden Sie sich bei uns!
Die Universität Hohenheim setzt auf einer leicht zugänglichen Webseite mit ausführlichen Informationen zu Tierversuchen Maßstäbe vorbildlicher Kommunikation. Die Informationen vermitteln transparent Hintergründe, Motivation und Umfang verantwortungsbewusster Tierversuche an der Hochschule.
An die Durchführung von Tierversuchen legen Gesellschaft, Gesetzgeber und die Universität Hohenheim selbst sehr strenge Maßstäbe. Wichtig für den Aufbau von Vertrauen ist es aber, die Umsetzung dieser Maßstäbe zu kommunizieren. Diesem Ziel entspricht die Universität Hohenheim in besonderem Maße.
„Kein Tierversuch, wenn es Alternativen gibt“
Auf der Internetseite erhalten Interessierte Einblicke in besondere, von der Universität eigens entwickelte Leitlinien für Tierversuche, zu denen auch ein expliziter Schutz von Whistleblowern gehört, die persönliche Bedenken zu äußern und auf eventuelle Mängel in Haltung, Pflege und Umgang mit Tieren aufmerksam zu machen.
Zudem werden Zahlen und Statistiken sowie Informationen zu Tierversuchen in Lehre und Forschung aufgeführt. Unter dem Leitgedanken „Kein Tierversuch, wenn es Alternativen gibt“ stellt die Universität zudem tierversuchsfreie Forschungsmethoden vor. In einem eigenen „Zoologie-Blog“ berichten Studierende über den Einsatz von Tieren in der Lehre.
Dass in der Forschung des MDC auch Tierversuche eine wichtige Rolle spielen, daraus macht das Institut keinen Hehl, sondern bringt sich „aus Überzeugung am gesellschaftlichen Dialog“ immer wieder aktiv in den öffentlichen Diskurs ein.
Transparente und verständliche Darstellung
In vorbildlicher Weise werden auf der Webseite des MDC an zentraler Stelle Informationen zu Versuchstierzahlen, dem 3R-Prinzip oder der Entwicklung und Verwendung alternativer Forschungsmethoden transparent und verständlich dargestellt. Das MDC beteiligt sich an Informationsveranstaltungen für die Politik oder regionalen Events wie etwa der Berlin Science Week.
Vorbildlich ist auch die Solidarität unter den Mitarbeitenden. Sie setzen sich gemeinsam für ihre Kolleginnen und Kollegen ein, wenn diese sich öffentlichem Druck in ausgesetzt sehen. So gingen sie etwa mit eigenen Plakaten, auf denen der eigene Standpunkt aber auch die Dialogbereitschaft kundgetan wurde, gemeinsam in die Offensive, als einem Kollegen in einer öffentlichen Kampagne ein „Herz aus Stein“ attestiert werden sollte.
Für eigene Forschung einstehen
In einer bundesweit bisher einmaligen Gemeinschaftsaktion erklären mehr als 40 Forschende des MDC in kurzen Statements ihre Forschung und „Warum wir auf Tierversuche noch nicht verzichten können“. Dabei zeigen Sie explizit Name und Gesicht.
Das MDC zeigt, dass es für Forschungseinrichtungen wichtig ist, transparent und verantwortungsbewusst für die eigene Forschung und die Mitarbeitenden einzustehen. Wer sich versteckt, der hat womöglich etwas zu verbergen – das gilt auch für die tierexperimentelle Forschung. Wer sich allerdings nicht versteckt und auch mit kritischen Themen offen umgeht, der zeigt sich Transparenz und stärkt das Vertrauen in die eigene Sache.
Das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen ist bundesweit ein Paradebeispiel für den verantwortungsbewussten Umgang mit Tierversuchen.
Das DPZ ist dabei hohen ethischen Standards und engagierter Kommunikation verpflichtet. In einer Infothek werden sowohl einzelne Projekte als auch die jährlichen Versuchstierzahlen des Instituts detailliert dargestellt. In zwei virtuellen Touren können sich Interessierte sowohl durch die Tierhaltung als auch in 3 Dimensionen durch die Labore klicken.
Führungen für Interessierte
Das DPZ veranstaltet regelmäßige Führungen für interessierte Gruppen sowie die eigenen Mitarbeiter, spielt eine engagierte Rolle bei Diskussionsveranstaltungen in der Stadt und präsentiert seine Forschung samt Methoden bei lokalen und regionalen Events wie der „Langen Nacht der Wissenschaft“. Bei Pressemitteilungen wird auf die verständliche Beschreibung von Methoden und Tiereinsatz geachtet.
In einem virtuellen Labor-Rundgang erhalten Interessierte anhand von zwölf interaktiven Innenaufnahmen einen Einblick in die Arbeit des Instituts für experimentelle Chirurgie (IEC), die zentrale Einrichtung für Tierversuche und Tierhaltung der Universitätsmedizin Rockstock.
Interaktiver Rundgang
In jedem Einzelbild können Nutzer sich nicht nur in einem 360°-Blick umsehen, sie erhalten auch Information zu verschiedenen Themen, etwa zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Tierversuche oder zu bestimmten Einrichtungen des Instituts. Darüber hinaus wird am IEC auch für die bessere Belastungseinschätzung von Tieren in Tierversuchen geforscht.
Der interaktive Rundgang des Instituts ist ein nachahmenswertes Beispiel für Transparenz. Oft gelten Forschungseinrichtungen, in denen Tierversuche stattfinden, noch immer als „Blackbox“, hinter dessen Fassade man nicht blicken darf oder kann. Das schürt Misstrauen. Im IEC können sich Interessierte zu jeder Zeit ein eigenes Bild machen.
In dem gemeinnützigen Verein Pro-Test Deutschland haben sich Tierpflegende, Studierende, Forschende und Tierärzt:innen ehrenamtlich zusammengeschlossen, um offen und ehrlich über Tierversuche zu diskutieren und Tierversuchen den Stempel des Tabuthemas zu nehmen. So bündelt der gemeinnützige Verein Erfahrungen und Ideen, um für eine aufrichtige Debatte rund um das Thema in der Öffentlichkeit aber auch in der Wissenschaftsgemeinde zu sorgen und die konkrete Arbeit von Wissenschaftler:innen mit Tieren in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen. Damit schlägt der Verein eine Brücke zwischen Wissenschaftssphäre und Öffentlichkeit.
Sachliche Debatte in den sozialen Medien
Um diese offene Debatte zu fördern, engagieren sich die Mitglieder von Pro-Test auch bei Facebook und Twitter und diskutieren dort leidenschaftlich. Gerade in sozialen Netzwerken wird die Debatte um Tierversuche meist hitzig und emotional geführt. Pro-Test versucht in dieser Debatte eine sachliche, wertschätzende und respektvolle Diskussion auf Augenhöhe zu erreichen. Dass dieser Ansatz sinnvoll ist, hat sich nicht zuletzt in einer besonders hitzigen Facebook-Debatte um das Hamburger Auftragsforschungslabor LPT gezeigt.
Darüber hinaus wirkt Pro-Test auch in die Wissenschaft hinein, indem der Verein für Forschenden und Einrichtungen für mehr proaktive Kommunikation und Transparenz wirbt und dazu eigene Trainings- und Beratungsangebote macht.
Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (MPG) ist sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber der eigenen Forschung und ihrer Rolle innerhalb der Gesellschaft bewusst und hat daher im Jahr 2016 das Whitepaper „Tierversuche in der Max-Planck-Gesellschaft“ erarbeitet.
Veröffentlichung eines Whitepapers
In der rund 30-seitigen Grundsatzerklärung erläutert die MPG die Herausforderungen, die mit dem Einsatz von Tierversuchen entstehen und fügt dem 3R-Prinzip ein viertes ‚R‘ hinzu: Responsibility (Verantwortung).
Die MPG setzt sich kritisch mit ethischen Konflikten und rechtlichen Rahmenbedingungen auseinander und schafft ein Verständnis für die Wichtigkeit von Tierversuchen in der Grundlagenforschung.
Ergebnisse des durch das Whitepaper angestoßenen Prozesses sind u.a. verpflichtende Ethik-Kurse für alle, die an Max-Planck-Instituten mit Tieren arbeiten. Außerdem wurde eine neue Position inerhalb der MPG geschaffen, die das Thema Tierversuche zusammen mit den betreffenden Max-Planck-Instituten zentral betreut. Im eigenen Online-Themenportal Tierversuche, stellt die MPG umfassende und aktuelle Informationen bereit wie etwa die zusammengefassten Versuchstierzahlen aller Max-Planck-Institute.
Am Universitätsstandort Aachen fungiert das Institut für Versuchstierkunde als zentrale Koordinierungsstelle für das Thema Tierversuche. Die RWTH Aachen hat einen eigenen Tierschutzcodex erarbeitet und bietet auf einer speziellen Webseite ein umfassendes Informationsangebot zur Arbeit mit den Tieren.
Über das Informationsangebot auf der eigenen Webseite hinaus engagieren sich die Mitarbeitenden auch als Ansprechpartner in den regionalen und bundesweiten Medien, wie etwa bei einem kürzlich erschienenen Interview im Ärzteblatt.
Eigene Forschung zum 3R-Prinzip
Das Institut für Versuchstierkunde ist dabei nicht nur ein Servicezentrum für die Forschenden am Standort, sondern betreibt eigene Forschung und entwickelt etwa neue Methoden zur weiteren Umsetzung des 3R-Prinzips. Eng vernetzt ist das Institut dabei mit der Gesellschaft für Versuchstierkunde (GV-SOLAS) und der Deutschen Hochschulmedizin.
Am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie wird viel Wert auf offene Einblicke in die Tierhaltung gelegt. Neben Nagetieren wie Mäusen, Ratten und Kaninchen wird hier auch eine Alpaka-Herde auf einem großen Freigelände gehalten.
Ebenfalls gibt es einige aquatische Versuchstiere wie Krallenfrösche und Seesterne. Um auch einen realen Eindruck zu verschaffen, werden Besuche in der Tierhaltung für alle Interessierten angeboten.
Alpakas als Entwicklungshelfer
Doch wozu werden diese verschiedenen Tiere eingesetzt? Diese Frage wird ausführlich auf einer eigenen Seite zu den Forschungsprojekten beantwortet. Die Alpaka-Herde, die hier als „Entwicklungshelfer“ fungiert, wird zum Beispiel für die Entwicklung von Nanobodies verwendet. Diese sollen langfristig viele herkömmliche Antikörper ersetzen und so die Tierzahlen zur Antikörperproduktion stark verringern.
Damit setzt sich das MPI in Göttingen auch für Fortschritte im Bereich 3R ein. Das Alpaka-Projekt hat 2018 den Tierschutzforschungspreis gewonnen.
Für Tierversuche ist am Universitätsstandort Mainz ein zentrales Zentrum, das Translational Animal Research Center (TARC), zuständig. Die Webseite des TARC ist gleichzeitig der zentrale Ort für transparente und verständliche Informationen über Tierversuche für interessierte Bürger*innen und Universitätsmitarbeitende.
Ein sachlicher Dialog auf Augenhöhe
Neben diesem Informationsangebot engagieren sich die Mitarbeitenden des TARC in vorbildlicher Weise auch an Schulen in der Region und in den Medien für einen sachlichen Dialog auf Augenhöhe. So erschien etwa kürzlich ein Podcast sowie ein Film der ZDF-Sendung Terra-X zum Thema Tierversuche.
In einem eigenen Spin-Off, dem TARCforce 3R Zentrum, findet zudem eigene preisgekrönte Forschung zur weiteren Umsetzung des 3R-Prinzips statt. Hier werden etwa neue Refinement-Methoden erforscht und ihr Einsatz vorangetrieben.
Die Universität zu Lübeck hat die Basler Deklaration unterzeichnet und stellt sich der darin formulierten Verantwortung zum öffentlichen Dialog mit Bürger*innen in vorbildlicher Weise. Auf einer eigenen Webseite zum Thema Tierschutz in der Forschung stellt sie umfassende und leicht verständliche Informationen über Tierversuche am Forschungsstandort Lübeck zur Verfügung.
3D-Einblicke in die Tierhaltung
Die Gemeinsamen Tierhaltung (GTH) unterstützt die Wissenschaftler*innen bei allen organisatorischen Belangen rund um die tierexperimentelle Forschung und stellt darüber hinaus detaillierte Informationen zu ihrer Tätigkeit bereit. Sie gibt allen Interessierten Einblicke in die Maushaltung – virtuell, über einen 3D-Laborrundgang.
Über die Seite der Tierschutzbeauftragten stellt die Universität außerdem der Öffentlichkeit die Zahl der Versuchstiere zur Verfügung, die jährlich in Versuchen eingesetzt werden.
Neben den Informationen im Netz engagiert sich die Uni zu Lübeck auch als auskunftsbereite Ansprechpartnerin für die Medien und der lokalen Politik.
Die Bayer AG gehört zu den größten, weltweit tätigen Life-Science-Unternehmen. Wegen der Kombination aus Forschung, Entwicklung und Produktion ist das Thema Tierversuche auch hier von großer Bedeutung.
Die Wichtigkeit von Tierversuchen und die Notwendigkeit, offen darüber zu sprechen, bildet Bayer auf der übersichtlich strukturierten Website „Bayer und Tierversuche“ ab.
Dabei klärt die Bayer AG darüber auf, welche und wie viele Tiere in den letzten Jahren eingesetzt wurden. Ein besonderes Augenmerk wird auch auf die Förderung von Alternativmethoden gelegt.
Adoptions-Programm für Beagle
Oft stellt sich die Frage, was eigentlich nach dem Versuch mit den Tieren passiert. Auch darauf bietet die Website der Bayer AG eine Antwort: Das Adoptions-Programm für Beagle und Katzen bietet ehemaligen Labortieren die Chance auf ein Leben nach dem Labor bei Privatpersonen.
Das medizinische Kompetenzzentrum Berlin/Brandenburg ist ein Fortbildungszentrum, in dem medizinische Eingriffe trainiert werden können, aber auch Forschung in der Medizintechnik durchgeführt wird. Mit der Frage nach den für diese Fortbildungszwecke genutzten Tieren und vielen weiteren Fragen rund ums Thema Tierversuche wird am Kompetenzzentrum offen umgegangen.
Auf einer Website und in einem ausführlichen Q&A-Dokument werden Informationen leicht verständlich aufbereitet.
Moderner Tierschutz durch Aufklärung
Auf der Seite „Moderner Tierschutz“ erklärt der Geschäftsführer Heiko Ziervogel offen, wie in der Aus-, Fort- und Weiterbildung abgewogen wird, wann ein Tierversuch erforderlich ist und wie wichtig das vierte R, die Verantwortung gegenüber dem Tier (Responsibility) ist.
In einem neuen Projekt, anlässlich der Unterzeichnung der deutschen Transparenzinitiative, erklären Mitarbeiter von Medizin im Grünen in Interviews, was ihnen beim Thema Transparenz bei Tierversuchen besonders wichtig ist. Die Mitarbeiter und die ganze Arbeitskultur bei Medizin im Grünen sind offen und respektvoll.
Die Freie Universität (FU) Berlin übernimmt nicht nur im Bereich Tiermedizin „Verantwortung für Mensch und Tier“, sondern bekennt sich auch auf einer eigens gestalteten Webseite öffentlich dazu. Neben Informationen zu Tierversuchen spielen auch ethische Gesichtspunkte und die Entwicklung neuer Alternativen zu Tierversuchen eine große Rolle an der FU Berlin.
Umfangreiche Forschungsaktivitäten zum Tierschutz und der Verbesserung der Umsetzung des 3R-Prinzips sind ein Fokus des Instituts für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde der FU und werden unter anderem in der Forschungsplattform „BB3R“ und dem neuen Berliner „Einstein-Zentrum 3R“ realisiert.
Tierschutz in der Lehre
In vorbildlicher Weise engagieren sich die Mitarbeitenden der FU um Transparenz und einen offenen und ehrlichen Dialog über Tierversuche in der Forschung und insbesondere auch in der Lehre.
So wurde etwa das international renommierte Online-Seminar „Alternatives to animal use in research and education – Refine, Reduce & Replace“ schon im Jahr 2015 mit dem Landespreis zur Förderung tierversuchsfreier universitärer oder beruflicher Ausbildung ausgezeichnet.
Am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum liegt der Fokus auf Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Multiple Sklerose. Um diese Krankheiten zu verstehen und zu behandeln braucht es Tierversuche. Welchen Belastungen die Tiere bei dieser Forschung ausgesetzt sind zeigt das DRFZ offen auf seiner ausführlichen Website zu Tierversuchen. Ebenso werden Fragen wie „Warum reichen die zur Verfügung stehenden Alternativmethoden nicht aus, um auf Tierversuche zu verzichten“ beantwortet.
Die Öffentlichkeit informieren
Um die Öffentlichkeit besser zu informieren und in der Diskussion um Tierversuche mitzuwirken beteiligt sich das DRFZ außerdem an Veranstaltungen wie „Tierversuche im Gespräch“ oder „Leibniz debattiert“. Hier wird mit der breiten Öffentlichkeit die Frage diskutiert, ob Tierversuche noch notwendig sind, was die Alternativen heutzutage hergeben und wie damit umgegangen werden sollte.
Das Universitätsklinikum Jena zeichnet sich durch vorbildliche Information und Transparenz zu Tierversuchen auf seiner Website aus. Neben Einblicken in die Tierhaltungen durch Videos und Bereitstellung der aktuellen Tierversuchszahlen wird auch sehr detailliert über die 3R Forschung am UKJ berichtet. Zahlreiche Projektberichte – wie zum Beispiel über die Entwicklung von Immunchips – erläutern, wie die Forschung dazu beiträgt, die Nutzung von Versuchstieren zu reduzieren.
Fehlertransparenz für mehr Tierwohl
Um eine offenere Kommunikation und mehr Transparenz in der tierexperimentellen Forschung zu fördern hat das UKJ gemeinsam mit dem BMBF ein webbasiertes, weltweit arbeitendes Meldesystem für die Erfassung und Analyse von unplanmäßig auftretenden Ereignissen in der tierexperimentellen Forschung ins Leben gerufen. Die Plattform CIRS-LAS (Critical Incident Reporting System – Laboratory Animal Science) dient zum Austausch über Fehler und unerwünschten Beobachtungen bei der Durchführung von Tierversuchen. Dadurch wird zum einen vermieden, dass Fehler wiederholt werden (Reduktion der eingesetzten Tiere). Zum anderen kann durch Diskussionen innerhalb der Community nach Lösungsansätzen gesucht werden (Erhöhung des Tierwohls). Für diese Arbeit wurde dem UKJ 2019 der Thüringer Tierschutzpreis verliehen.
Merck gehört zu den größten Wissenschafts- und Technologieunternehmen im Life Science und Healthcare Sektor. Sowohl bei der Herstellung von für die Forschung benötigten Produkten wie Serum oder Antikörper, als auch bei eigens durchgeführten gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitstests, ist das Unternehmen auf die Verwendung von Tieren angewiesen. 2018 erhielt die Tierärztin Dr. Kerstin Kleinschmidt-Dörr und ihr Team aus Darmstadt den Tierschutz Forschungspreis des Landes Hessen für besonders tiergerechte Haltungsformen von Kaninchen und Ratten, die in gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen zur Arzneimittelsicherheit eingesetzt werden.
Eigene Tierschutzstrategie
Neben einem eigenen 4R-Tag, der dazu beiträgt tierschutzrelevante Themen im Unternehmen zu kommunizieren, wurde 2021 eine neue konzernweite Tierschutzstrategie eingeführt, in der Transparenz eine wichtige Rolle spielt. Diese spiegelt sich in einem umfangreichen Informationsangebot auf der Website wider: Aktuelle Tierzahlen, Einblicke in den konzerneigenen Ansatz für Tierversuche und Tierschutz sowie die Strukturen im Unternehmen. Die Web-Präsenz zu Tierversuchen ist Teil eines frei zugänglichen Jahresberichts zur Nachhaltigkeit und kann für das aktuelle wie für die vergangenen Jahre eingesehen und verglichen werden.
Die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) in Münster engagiert sich schon lange für den Tierschutz und macht dies transparent sichtbar. Auf der umfangreichen Website zu Tierversuchen und Tierhaltung der WWU werden sowohl das institutseigene Leitbild zum ethischen Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre vorgestellt als auch Einblicke in die Tierhaltungen und die aktuellen Tierzahlen gegeben. Über einen eigenen YouTube-Kanal wird unter anderem die Arbeit der Tierschutzbeauftragten gezeigt. 2021 hat die Zentrale Tierhaltung der WWU und des Universitätsklinikums in Münster in Kooperation mit Tierversuche verstehen einen Film über die Arbeit der Tierpflegenden gedreht, um die Menschen zu Wort kommen zu lassen, die sich tagtäglich um die Versuchstiere kümmern.
Professur für Tierschutz
Seit 2017 gibt es an der WWU eine Professur für Tierschutz. Neben der eigenen Forschung zum Wohlergehen von Versuchstieren ist eine Vorlesung zum Thema Tierversuche in den entsprechenden Studiengängen verpflichtend. Für alle zugänglich gibt es zusätzlich eine Ringvorlesung zu den Themen Tierschutz, Tierwohl und Tierethik. Zu diesen zentralen Themen gibt es darüber hinaus regelmäßig Workshops zum Austausch zwischen den verschiedenen Bereichen der Tiernutzung, wie etwa Forschung, Nutztierhaltung und Zoos.
Die Gesellschaft für Versuchstierkunde setzt sich intensiv für den verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren ein. Als Mittler zwischen Tierschutz und Forschung gibt sie regelmäßig überarbeitete Empfehlungen für den Umgang mit Versuchstieren heraus, zum Beispiel wie bestimmte Eingriffe am besten durchzuführen sind, um das Tier möglichst wenig zu belasten. Diese Empfehlungen und weitere Publikationen helfen neben den Versuchsdurchführenden auch den Behörden und Tierschutzkommissionen, Tierversuchsvorhaben besser bewerten zu können.
Wirksame Öffentlichkeitsarbeit
In regelmäßigen Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen werden relevante Themen rund um Tierversuche und Tierschutz erläutert und diskutiert, um einen breiten Austausch über Tierversuche zu ermöglichen und einen offenen Umgang zu fördern. Neben eigenen Veranstaltungen wie der jährlichen GV-SOLAS-Tagung informiert die Gesellschaft umfangreich über Veranstaltungen anderer Organisationen zum Thema Tierversuche und Tierschutz.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie ((DGfI) misst der breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit einen besonders hohen Stellenwert bei. Auf der Seite Immunologie für Jedermann finden sich zahlreiche Materialien zu Tierversuchen: Von einer Stellungnahme zu Argumenten von Tierversuchskritikern bis hin zu Links und Materialien zur Nutzung für Vorträge. Um die Rolle von Tierversuchen bei der Behandlung von Krebs zu verdeutlichen hat die DGfI unter anderem an einem Film von Tierversuche verstehen zum Thema Checkpoint-Inhibitoren mitgewirkt und ist auch durch Gastbeiträge z.B. in der Frankfurter Allgemeine oder fluter. aktiv. Am Tag der Immunologie am 29. April gibt es zudem diverse lokale Events in verschiedenen Städten mit intensiver immunologischer Forschung.
Stellungnahmen und Beiträge zu aktuellen Themen
In einer Stellungnahme des EU-Referenzlabors für Alternativen zu Tierversuchen wurde 2020 suggeriert, Antikörper die mit Hilfe von Tieren gewonnen werden, wären überholt und ethisch verwerflich. Die DGfI reagiert mit einem transparenten faktengestützten Bericht über die Notwendigkeit solcher Antikörper und unterstützt damit die wissenschaftliche Community. Auch in der Corona-Pandemie leistet die DGfI viel Aufklärungsarbeit, zum Beispiel darüber wie Tiere in der Corona-Forschung eine Rolle spielen.