Alternativmethoden – in silico Verfahren
In silico bedeutet übersetzt „in Silizium“ und bezieht sich dabei auf jenes Element, das für Computer-Chips verwendet wird. Dies beschreibt Verfahren, die simuliert am Computer ablaufen.
Methode und Anwendungsbeispiele
Ein Wunschziel der Forscher wäre es, alle Funktionen des Körpers in einem Computermodell nachbilden zu können. Daran könnte man dann testen, wie der Körper einen neuen Wirkstoff aufnimmt und im Stoffwechsel verarbeitet. Tierversuche wären dann kaum noch erforderlich. Bei Zellsystemen dienen Computermodelle längst der Prüfung der Giftigkeit von Substanzen. Der Computer wird dabei mit Ergebnissen aus vorherigen in vivo oder in vitro Studien gefüttert. Dadurch lernt der Computer, wie die zu simulierenden Zellen funktionieren. Anschließend kann er vorhersagen, wie ein neuer Wirkstoff sich auf diese Zellen auswirkt. Anhand der vereinzelten Zellfunktionen lässt sich dann simulieren, wie lange es bei einem bestimmten Arzneimittel in etwa dauert, bis der Körper einen Wirkstoff abbaut oder welche Reaktionen in der Zelle ablaufen. In der Diabetes– und Asthmaforschung gibt es bereits brauchbare Modelle.
Chancen und Grenzen
Tierversuche komplett ersetzen können solche in silico Methoden trotz aller Weiterentwicklungen jedoch nicht. Das liegt unter anderem daran, dass Computer mit ungeheuren Datenmengen und komplexen Algorithmen arbeiten. Daher lassen sich anhand solcher Modelle nur vereinzelte Organ- und Zellfunktionen im Körper nachbilden. Die Simulation einer einzelnen Herzzelle dauert am Computer wenige Minuten. Die Simulation eines einzelnen Herzschlages hingegen selbst bei einem Supercomputer mit 1000 Prozessoren bis zu drei Stunden. Ganze Organe oder Stoffkreisläufe nachzubilden, ist bisher nicht möglich, da dabei unvorstellbar große Datenmengen anfallen würden. Dazu kommt, dass mit steigender Komplexität, wie bei ganzen Organen, auch die Zufallsereignisse und Ungewissheiten häufiger werden – Zufälle lassen sich nicht durch diese Methode simulieren. Bis heute müssen daher neue Medikamente, die durch Computersimulationen evaluiert werden, immer noch an Tieren und Menschen geprüft werden, bevor sie zugelassen werden können. Dennoch lässt sich dadurch die Anzahl der Tiere für die zukünftige Medikamentenentwicklung maßgeblich verringern.
Wussten Sie es?
Zu den großen Forschungsprojekten aus diesem Bereich zählt das EU-geförderte „Human Brain Project“, das Teile des Gehirns mit computerbasierten Modellen simulieren soll. Ihr Ziel ist es, das Gehirn und seine grundlegenden Funktionen besser zu erforschen.
Dadurch könnte man in der Zukunft die Zahl der Tierversuche für die Neurowissenschaft reduzieren, so die ursprüngliche Hoffnung. Das eigentliche Ziel, das Gehirn vollständig nachzubilden, konnte bisher nicht erreicht werden.