Rhesusaffe im Freigehege des DPZ

Primatenhaltung in Forschungseinrichtungen – früher und heute

Bei der Primatenhaltung gelten hohe Standards, die sowohl im EU-Recht als auch im deutschen Tierschutzgesetz verankert sind. Zusätzlich verbessert werden die Bedingungen durch über viele Jahrzehnte gesammelte Erfahrungswerte und den Austausch mit Forschungsinstituten auf der ganzen Welt. Einer, der diesen Prozess bereits seit vielen Jahren begleitet, ist Uwe Schönmann. Er arbeitet als Koloniemanager am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen.

Seit 17 Jahren kümmert sich Schönmann als Koloniemanager um die Haltung, Zucht und Pflege von zurzeit rund 1.300 Tieren. Schönmann führt regelmäßig Besuchergruppen durch die Tierhaltung am DPZ. Diese Führungen sind ihm sehr wichtig, um ein realistisches Bild von der Haltung zu vermitteln und mit dem ein oder anderen Mythos aufzuräumen. In vielen Köpfen haben sich verzerrte Bilder festgesetzt, stellt Schönmann immer wieder fest: „Viele Besucher des DPZ kritisieren, dass Kosmetika an unseren Affen getestet werden. Dann muss ich klarstellen, dass das bereits seit vielen Jahren gesetzlich verboten ist – nicht nur an Affen, sondern an allen Tieren.“

Entwicklung des Verbots von Tierversuchen
Wie hat sich das Verbot von Tierversuchen für Kosmetika entwickelt?

Während seiner Führungen werde er oft auch auf den Einsatz von Menschenaffen in der Forschung angesprochen. Dabei ist das per Gesetz verboten. Es sieht nur sehr wenige, streng geregelte Ausnahmen von dem Verbot vor: Forschung zum Zweck der Arterhaltung oder sehr schwere, unerwartete und den Menschen bedrohende Krankheiten. Diese Ausnahme ist aber praktisch nicht relevant, da es überhaupt keine Forschungseinrichtung in Europa mehr gibt, die auf die Haltung von Menschenaffen ausgelegt ist und die strengen Vorschriften erfüllen würde. Der Neubau einer Haltungseinrichtung und die Zucht der Versuchstiere würde mehrere Jahre dauern. Man könnte also gar nicht auf eine plötzlich auftretende Krankheit reagieren.

„Enrichment“ sorgt für Abwechslung im Affengehege

Primatenhaltung am Deutschen Primatenzentrum: Ein Tierpfleger legt in einem Innengehege Futter für die Rhesusaffen aus.
Ein Tierpfleger legt in einem Innengehege des DPZ Futter für die Rhesusaffen aus. Foto: Thomas Steuer

Auf der Tour durch das DPZ sehen die Besucher, was sich über die Jahre verändert hat. Längst etabliert hat sich zum Beispiel das „Enrichment“ der Käfige und Gehege: Spielzeug und spezielle Einrichtungsgegenstände sorgen für Abwechslung. Dadurch werden die Affen gefordert. Auch die Anforderungen für die Außenanlagen und Käfige haben sich geändert: Diese sind heute sehr viel größer – am DPZ häufig sogar doppelt so groß als gefordert. Die Tiere werden dort – sofern möglich – im Familienverband gehalten. Das unterstützt das natürliche Sozialverhalten der Tiere. Nur vereinzelt werden Tiere von der Gruppe isoliert gehalten, beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen in der Infektionsforschung.

Die Ausbildung der Tierpfleger erfolgt heute viel spezifischer als früher. Sie sind hochqualifiziert und -spezialisiert und nehmen regelmäßig an Weiterbildungen teil.

Uwe Schönmann

Primatenhaltung am Deutschen Primatenzentrum: Ein Javaneraffe in einem Gehege.
Ein Javaneraffe am DPZ. Foto: Margrit Hampe

„Für die Pflege und Versorgung der Tiere setzt das DPZ auf hochqualifizierte und -spezialisierte Pfleger. Regelmäßig müssen sie an Weiterbildungen teilnehmen“, erklärt Schönmann. Ungelernte Kräfte beschäftigt das DPZ nicht. Der Beruf des Tierpflegers in der Forschung ist heute mehr als nur Käfige reinigen und Tiere füttern. Tierpfleger arbeiten Hand in Hand mit den Forschern, so bereiten sie die Tiere durch gezieltes Training auf die Versuche vor. „Das muss gelernt sein, denn auch hier kann man viel falsch machen“, sagt Schönmann. Das DPZ bildet regelmäßig – und ausschließlich für den eigenen Bedarf – aus.

Gute Vernetzung sichert hohe Standards über die Grenzen hinaus

Durch Vernetzung und Erfahrungsaustausch über die deutschen Grenzen hinaus wollen die Forschungseinrichtungen die Bedingungen stetig verbessern. Ein Beispiel dafür ist das EU-Projekt „European Primate Network: Advancing 3Rs and International Standards in Biological and Biomedical Research“ – kurz: Euprim-Net.

Hinter Euprim-Net verbirgt sich eine Art virtuelles Primatenzentrum, in dem sich die neun bedeutendsten europäische Primatenzentren zusammengeschlossen haben. Das Ziel: Die biologische und biomedizinische Forschung mit Primaten ebenso wie die Haltungs- und Züchtungsbedingungen nach den höchsten ethischen Standards zu sichern. Das soll unter anderem durch ein gemeinsames Fortbildungsprogramm erreicht werden. Das Netzwerk hat seit seiner Gründung 2006 auf europäischer Ebene viel bewirkt. Obwohl die EU-Förderung zuletzt ausblieb, wollen die Zentren auf eigene Kosten weitermachen.

Einheitliche Regelungen in der EU

Grafik mit 10 Fakten zu Affen.
10 Fakten zu Affen.

2010 trat die EU-Richtlinie 2010/63/EU in Kraft mit dem Ziel, einheitliche Tierschutzstandards in den EU Mitgliedsstaaten zu schaffen. Deutschland setzte die Richtlinie 2013 mit dem neuen Tierschutzgesetz um. „Bevor es die neue EU-Richtlinie gab, zählten die nationalen Tierschutzgesetze in Deutschland und der Schweiz zu den strengsten in Europa. Diese wurden nun in dem EU-Gesetz gebündelt und allen EU-Mitgliedstaaten diktiert“, sagt Schönmann. Die Änderungen haben in den EU-Ländern viel erreicht – in Deutschland und somit auch am DPZ habe es aber bereits schon vorher vergleichbar hohe Standards gegeben, betont Schönmann. Bis heute haben allerdings noch nicht alle EU-Staaten die Richtlinie umgesetzt.

 

In unserem Video erfahren Sie mehr darüber, warum Wissenschaftler an Affen forschen sowie ihre emotionale Bindung zu den Tieren:

Alle, die nun neugierig geworden sind, lädt das DPZ hier zu einem virtuellen Rundgang ein.

Mehr über ihre Forschung und die emotionale Bindung zu den Affen erzählt Cliodhna Quigley in diesem Video:

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