Die EU-Bürgerinitiative save cruelty-free cosmetics „Für den Schutz kosmetischer Mittel ohne Tierquälerei und ein Europa ohne Tierversuche“ hatte im vergangenen Herbst mehr als 1,2 Millionen Stimmen gesammelt. Bei der Petition geht es um Tierversuche zur Risiko- und Sicherheitsbewertung von Inhaltsstoffen in Kosmetika und anderen Chemikalien sowie um die Forderung nach einem kompletten Ausstieg aus Tierversuchen in Europa. Bei einer Anhörung im EU-Parlament trugen die Organisator*innen der Bürgerinitiative ihr Anliegen vor Mitgliedern des Umwelt-, des Landwirtschafts- und des Petitionsausschusses des EU-Parlaments vor.
Die Reaktionen im Anschluss an die Anhörung vielen sehr unterschiedlich aus: Die einen sahen sich nach der Anhörung im EU-Parlament in ihren Forderungen nach einer Abkehr von Tierversuchen ermutigt. Die anderen zeigten sich weiterhin alarmiert. Viele Wissenschaftler*innen und Wissenschaftsorganisationen hatten im Vorfeld vor den Auswirkungen gewarnt, die ein kompletter Verzicht auf Tierversuche für die öffentliche Gesundheit und den medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritt haben würde.
Plan für Komplett-Ausstieg bis 2024 gefordert
Die parlamentarische Anhörung widmete sich in drei Blöcken den Themen Kosmetik, EU-Chemikalienverordnung und Ausstieg aus dem Tierversuch. In jene Themen war auch die Petition gegliedert. Die Organisatoren der Bürgerinitiative forderten die Parlamentarier*innen unter anderem auf, sich für einen Plan zum kompletten Ausstieg aus Tierversuchen in Europa bis Ende 2024 einzusetzen. Dabei ist nach wie vor offen, ob dieses Datum die Deadline für Erstellung eines Plans darstellen, oder ob der Ausstieg bis zu diesem Datum bereits abgeschlossen sein soll.
Obwohl das Thema Tierversuche emotional besetzt ist, verliefen die Wortbeiträge insgesamt weitgehend sachlich. Die estnische EU-Parlamentarierin Yana Toom kritisierte jedoch, dass der Einstieg in die Anhörung mit einem Video der Tierrechtsorganisation PETA rein auf Emotionen abzielte und mit der Realität nichts gemein hätte.
Die Diskussionen in den einzelnen Themenblöcken der EU-Bürgerinitiative gingen ins Detail, wobei die drei Punkte unterschiedlich kritisch betrachtet wurden.
„Entscheidung nicht allein auf Ideologie stützen“
Dabei ging es seitens der Vertreter*innen von „Save cruelty free cosmetics“ um bekannte Kritikpunkte wie die angeblich fehlende Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen oder bereits vorhandene Alternativmethoden bzw. Fortschritte im Feld der tierversuchsfreien Technologien. Allerdings betonten kritische Stimmen aus Parlament und Kommission, dass sich diese nicht wie eine Blaupause bei allen wissenschaftlichen Fragen anwenden lassen, um die Sicherheit und Wirksamkeit zu belegen und Erkenntnisse zu liefern, die derzeit nur mit Tiermodellen gewonnen werden könnten. „Wir sollten unsere Entscheidung nicht allein auf Ideologie, sondern auf wissenschaftliche Argumente stützen“, riet etwa der Europaabgeordnete Pablo Arias Echeverria.
Auch wenn keine Vertreter der biomedizinischen Forschung zu Wort kamen, so hatten einige Parlamentarier*innen im Vorfeld mit Wissenschaftler*innen gesprochen und sich deren Sichtweise erklären lassen. Teilweise zitierten Parlamentarier*innen aus E-Mails, die sie von Wissenschaftler*innen erhalten hatten. Der belgische EU-Parlamentarier Pascal Arimont las so zum Beispiel eine Einschätzung von Prof. Mathias Hornet von der Uniklinik Aachen vor, der in einem Verbot von Tierversuchen „die medizinische Versorgung auf hohem Niveau in Europa“ in Gefahr sieht. Die Forschung in Bereichen wie Tumor-oder Autoimmunerkrankungen sowie Impfstoffen“ sei ohne Tierversuche „unmöglich“, zitiert Arimont den Wissenschaftler. Die EU wäre in der Medikamentenentwicklung dann von anderen Ländern abhängig.
Antwort der EU-Kommission bis 25. Juli erwartet
Aus der Hirnforschung wurde das Beispiel der Volkskrankheit Alzheimer angebracht, gegen die es aktuell kein Heilmittel gibt. Es gibt allerdings mittlerweile verschiedene Antikörper-Therapien, die den geistigen Abbau bei Patient*innen verlangsamen können. Die Herstellung und Entwicklung von Antikörpern erfolgte in Mäusen.
Die Antwort der EU-Kommission, ob und welche Folgemaßnahmen sich aus den Forderungen der EU-Bürgerinitiative ergeben, wird am 25. Juli erwartet.