Die Tollwut ist dank Tierversuchen kaum mehr ein Problem.

Corona-Infektionsrisiko für Nutztiere?

Nicht nur Menschen stehen im Fokus der Corona-Pandemie, auch Tiere sind für Wissenschaftler von großem Interesse. Denn COVID-19 ist eine Zoonose, also eine Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Aber kann das Virus Haus- oder Nutztiere befallen? Kann es also wieder zurück auf Tiere springen? „Tierversuche verstehen“ sprach mit Prof. Dr. Stephan Ludwig, Standortleiter der nationalen Forschungsplattform für Zoonosen, sowie Vertretern des Friedrich-Loeffler-Instituts über die Auswirkungen des Virus auf Nutztiere wie Kühe und Hühner – und über die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Pandemien.

Krankheiten wie Covid-19 und SARS gehören zur den Zoonosen. Sie sind also Infektionskrankheiten, die wechselseitig zwischen Menschen und Tieren übertragen werden können. Etwa 800 Wissenschaftler, die hierzu in Deutschland forschen, sind in der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen organisiert. Teil der Plattform ist auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Auf der Ostseeinsel Riems untersucht das FLI, ob sich Nutztiere mit dem Coronavirus anstecken und dann wiederum Menschen infizieren könnten. Im Vordergrund der Forschung stehen lebensmittelliefernde Tiere. „Nach jetzigem Kenntnisstand sind Schweine und Hühner für das Virus nicht empfänglich. Sie stellen demnach auch kein potentielles Risiko für den Menschen dar. Ob sich weitere Nutztierarten wie Rinder oder Pferde mit dem Virus infizieren können, wäre ggf. noch zu überprüfen, hierauf gibt es weltweit aber keine Hinweise“, berichtet eine Sprecherin des FLI. Das Virus kann nach aktuellen Erkenntnissen auch nicht über tierische Lebensmittel übertragen werden. Dies geht aus Informationen des Bundesinstituts für Risikobewertung hervor.

Neben der Infektionsgefahr von und durch Nutztiere erforscht das FLI auch, welches Tier sich als Tiermodell für Covid-19-Forschung eignet. Eine Studie mit Frettchen hat gezeigt, dass sich die Tiere mit SARS-CoV-2 infizieren lassen, das Virus vermehren und auch Artgenossen anstecken können. Sie zeigen dabei allerdings nur geringe Krankheitssymptome. „Damit eignen Frettchen sich zwar nicht als Krankheitsmodell, da sie keine entsprechenden Symptome ausbilden, wohl aber als Infektionsmodell, das bei der Erprobung von Impfstoffen und Medikamenten gegen SARS-CoV-2 helfen könnte“, erläutert eine Sprecherin des FLI die Ergebnisse der Studie.

Zwei Drittel aller neuen Krankheiten stammen aus dem Tierreich

Zoonosenforscher, zu denen Christain Drosten gehört, gehen davon aus, dass das neue Coronavirus und die dadurch verursachte Krankheit Covid-19 erstmalig in China von Fledermäusen über Marderhunde auf Menschen übergesprungen ist, wie es bereits bei der 2002 ausgebrochenen SARS-Pandemie vermutet wird. Beide Krankheiten kamen scheinbar „aus dem Nichts“, eine Eigenschaft, die viele Zoonosen teilen. Covid-19 zeichnet sich allerdings durch seine leichte Übertragbarkeit und relativ lange Inkubationszeit aus. Infizierte seien also lange Zeit symptomfrei und mobil, sodass sie viele weitere Menschen anstecken, erklärt Prof. Ludwig, Standortleiter der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen in Münster die Besonderheit der Krankheit. Anders sah dies beispielsweise bei Ebola, einer weiteren Zoonose, aus: „Ebola macht schnell sehr schwer krank, sodass sich der Patient durch seine Bettlägerigkeit im Grunde selbst isoliert“, so Ludwig.

Etwa zwei Drittel aller neuen Krankheiten sind Zoonosen – stammen also aus dem Tierreich. Ausbrechen können sie nur dann, wenn Menschen mit infizierten Tieren in Kontakt kommen. Dies geschieht durch Faktoren wie ein schnelles Bevölkerungswachstum, zunehmende Mobilität oder veränderte Tierzucht und -haltung immer häufiger. Zunehmend dringt der Mensch in zuvor unberührte Gebiete ein. „Die beste Abwehrstrategie gegen Zoonosen ist ein gutes Monitoring von Erregerausbrüchen, damit man eine Verbreitung schon im Keim ersticken kann“, ist sich Ludwig sicher. Denn: Die Corona-Pandemie wird vermutlich nicht die letzte ihrer Art sein. „Es ist tatsächlich nicht die Frage, ob zukünftig solche Pandemien über uns kommen, sondern nur wann dies wieder geschehen wird. Es ist sicher, dass wir auch in Zukunft mit Ausbrüchen dieser Art rechnen müssen“, betont Ludwig. Allerdings können Jahrzehnte zwischen solchen Ausbrüchen liegen, weshalb es seiner Ansicht nach keinen Sinn macht, dauerhaft große Zahlen an Atemmasken zu produzieren. Sicher ist jedoch, dass die Forschung an Zoonosen auch in Zukunft einen hohen Stellenwert einnehmen muss.

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