Pressekonferenz der Initiative Tierversuche verstehen im Berliner WissenschaftsForum am 21.12.2018

Die Initiative Tierversuche verstehen hatte am 21. Dezember 2018 zu einer Pressekonferenz im Berliner WissenschaftsForum eingeladen, um die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichten Versuchstierzahlen 2017 zu erläutern. Ihre Einschätzung zu den Zahlen gaben Prof. Stefan Treue, Sprecher der Initiative, sowie Prof. Rainer Nobiling, Physiologe und langjähriger Tierschutzbeauftragter der Universität Heidelberg.

Als „positive Entwicklung“ wertete Treue die aktuellen Versuchstierzahlen. Sie waren 2017 leicht um 1,7 Prozent auf 2.807.297 Tiere zurückgegangen, im Jahr 2016 waren es noch 2.854.586 Tiere. Treue hob bei der Pressekonferenz hervor, dass die Zahlen der Versuchstiere seit Jahren in etwa stagnieren, obwohl der Umfang der biomedizinischen Forschung in Deutschland seit Jahren kontinuierlich ansteigt (siehe Grafik als Beispiel).

Zu wenig Bemühen um Transparenz

Zugleich bedauerte Treue den Zeitpunkt der Veröffentlichung kurz vor Weihnachten; die zahlreichen Tabellen seien stark erklärungsbedürftig; „Viele Zahlen sind schwer verständlich, wenn sie nicht erläutert werden. Daraus entstehen viele Missverständnisse, wie man an der Berichterstattung in der Presse sehen konnte“, sagte Treue. Die bisher letzte Pressekonferenz seitens des zuständigen Ministeriums im Jahr 2003 liege nun 15 Jahre zurück. Bis auf die Pressekonferenz der Initiative Tierversuche verstehen, habe es aktuell kein Bemühen gegeben, für mehr Transparenz zu sorgen, hob Treue hervor.

Aber nur mit Erläuterungen ließen sich die Zahlen interpretieren. Nur so werde der langjährige kontinuierliche Rückgang der Versuchstierzahlen bei Katzen und Hunden sichtbar und verständlich. Auch der Anstieg des Anteils transgener Tiere in der Forschung müsse erläutert werden, ebenso wie die jährlichen Schwankungen bei den (insgesamt sehr niedrigen) Zahlen der Primaten in der Forschung. Auf all diese Aspekte ging die Pressekonferenz ein. Die Initiative macht weitere Angebote mit umfangreichen Hintergrundmaterialien auf ihrer Webseite und durch die Vermittlung von sachkundigen Ansprechpartnern.

Wie lassen sich die Zahlen reduzieren?

Auf die Frage, ob mehr finanziellen Mittel für die Entwicklung von Alternativmethoden die Zahl der Versuchstiere verringern könnte, sagte der Forscher, dass neue wissenschaftliche Methoden üblicherweise im Rahmen von Grundlagenforschung erarbeitet werden, ohne dass es für die Methodenentwicklung eine explizite Förderung gebe. Zum Beispiel würden inzwischen bildgebende Verfahren als Alternativ- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch vielfältig eingesetzt, ohne dass es für deren Entwicklung in nennenswertem Umfang spezielle Förderprogramme gegeben hätte, berichtete Treue. Da dies für die Methodenentwicklung insgesamt gälte, verkenne eine pauschale Kritik an zu geringer Förderung für Alternativmethoden zu Tierversuchen diese Zusammenhänge, sagte Treue. Bundesweit bestehen verschiedene Förderungsmöglichkeiten zur Entwicklung von Alternativmethoden – das BMEL hat nach eigenen Angaben innerhalb der letzten 30 Jahre über 500 Forschungsprojekte mit rund 170 Millionen Euro finanziert und schreibt seit 2001 jährlich einen Tierschutzforschungspreis aus. Auch die meisten Bundesländer bieten eine Förderung für Alternativmethoden und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) vergibt den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis, um die Entwicklung von alternativen Verfahren zu fördern. Der Physiologe Prof. Rainer Nobiling (Universität Heidelberg) ergänzte, dass in der Wissenschaft meistens themenzentriert an Forschungsfragen und nicht methodenzentriert geforscht werde. Die Entwicklung neuer Methoden geschehe häufig während des Bearbeitens von Forschungsfragen und baue auf Erkenntnissen der Grundlagenforschung auf. Dies zeige etwa das Beispiel der induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC), die heute für verschiedene Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Einsatz kommen.

Beide Forscher waren sich einig, dass Maßnahmen, die eine reine Senkung der Gesamtzahl der verwendeten Tiere als oberste Maxime hätten, weder der Forschung noch dem Tierschutz zu Gute kämen, da die Forschung dann in andere Länder verlagert werden müsste. Dem Tierschutz sei am besten Rechnung getragen, wenn das 3R-Prinzip konsequent umgesetzt und von allen Beteiligten täglich gelebt wird. „Und die Zahlen zeigen, dass das 3R-Prinzip spürbar greift“, betonte Treue.

Abschließend wies Treue darauf hin, dass sich die Initiative Tierversuche verstehen weiter dafür einsetzen werde, dass die Versuchstierzahlen transparenter erläutert werden.

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