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Interview-Reihe: „Mit dem Beruf der Tierpflegerin habe ich mir meinen Traum erfüllt“

Im ersten Teil unserer neuen Interviewreihe über Tierpfleger in Forschungseinrichtungen stellt sich Madeleine Braune vor und spricht über ihre Arbeit im Spannungsfeld zwischen Tierliebe und Wissenschaft. Sie ist Tierpflegerin der Fachrichtung Forschung und Klinik am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) und betreut genetisch veränderte Mauslinien.

Wie sind Sie auf den Beruf der Tierpflegerin mit der Fachrichtung Klinik und Forschung aufmerksam geworden? Und was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für diesen Beruf entschieden haben?

Madeleine Braune: Meine Suche nach einem Ausbildungsplatz hat sich damals ausschließlich auf Berufe mit Tieren gerichtet. Ich habe viel überlegt, welche Berufe mit meinen Interessen übereinstimmen könnten und viele Praktika gemacht. Während der Bewerbungsphase stieß ich dann auf eine Internetanzeige für den Beruf der Tierpflegerin in der Fachrichtung Forschung und Klinik. Mir war klar, dass ich mit Tieren arbeiten wollte. Dass ich dabei noch etwas über die Alternsforschung lernen und an wissenschaftlichen Erfolgen aktiv beteiligt sein konnte, stärkte meinen Entschluss, diesen Berufsweg einzuschlagen.

Welche Eigenschaften/Qualifikationen sollte man für Ihren Beruf mitbringen?

Braune: Die Fachrichtung Forschung und Klinik unterscheidet sich vom üblichen Beruf des Tierpflegers insofern, dass man aktiv an der Forschung beteiligt sein kann. Deshalb ist es sehr wichtig, sich mit dem Thema Forschung mit all seinen Facetten auseinanderzusetzen. Viele Bewerber bringen vielleicht das nötige Geschick im Umgang mit Tieren mit, aber es fehlt ihnen das Verständnis für die Notwendigkeit von Experimenten für die Forschung. Voraussetzungen sind viel Geschick und Verständnis im Umgang mit Tieren, ein guter Realschulabschluss und gute Englischkenntnisse, da viele Forschungsinstitutionen international aufgestellt sind.

Um welche Tiere kümmern Sie sich?

Braune: Ich persönlich kümmere mich um genetisch veränderte Mäuse. Ich betreue die Tiere einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Nervenregeneration beschäftigt. Darüber hinaus bin ich Ausbilderin für unsere angehenden Tierpfleger am Institut. Dabei betreue ich unter anderem auch einige Tiere, die eigens für die Auszubildenden gehalten werden, damit diese dann den richtigen Umgang mit den Tieren lernen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Braune: Zu Beginn meines Arbeitstages wechsele ich meine Straßenkleidung gegen Pausenkleidung, die ich nur im Institut trage. Danach geht es weiter in die Maustierhaltung, wo in der nächsten Umkleide nochmals die Kleidung gewechselt und gegen autoklavierte, das heißt keimfreie Kleidung getauscht wird. Dann ziehe ich mir noch Mundschutz, Haarhaube und Handschuhe an und gehe durch eine Luftdusche in die Barriere unserer Maustierhaltung. In der Haltung angekommen, werden noch Schuhe und ein zweites Paar Handschuhe angezogen. Erst dann beginnt mein Arbeitsalltag richtig. Diese Prozedur muss ich zu jeder Pause oder Besprechung außerhalb der Barriere machen, damit es in der Tierhaltung so keimfrei wie möglich bleibt.

Jeder Morgen fängt mit der Kontrolle der Tiere an. Dabei wird jeder Käfig auf Futter, Wasser, kranke Tiere oder Neugeborene kontrolliert. Danach setze ich die Käfige um*: Ich tausche die Käfigschalen gegen frische aus und fülle Futter auf.

Weitere tägliche Aufgaben sind das Markieren und Absetzen der Jungtiere**, das Ansetzen neuer Verpaarungen***  und viele schriftliche Arbeiten am PC. Die Dokumentation hat neben der Tiergesundheit oberste Priorität. Wir Tierpfleger arbeiten dabei aktiv mit unseren Wissenschaftlern zusammen, helfen ihnen bei der Auswahl passender Zuchttiere und assistieren den Forschern und Tierärzten bei kleineren Eingriffen wie Injektionen und Blutentnahmen oder bei Sektionen.

Da ich Ausbilderin für unsere Tierpfleger bin, arbeite ich sehr viel mit unseren Auszubildenden zusammen und vermittle ihnen sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen rund um die Tierpfleger-Ausbildung.

Worauf müssen Sie im Umgang mit den Tieren achten?

Braune: Beim Umgang mit Tieren sollte man sich immer vor Augen halten, dass jedes Tier ein Individuum ist. Dabei ist ein hohes Maß an Sorgsamkeit wichtig, da es sich um ein lebendes, fühlendes Tier handelt. Da diese Tiere für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet wurden, sollte man sich immer darüber im Klaren sein, welche Tragweite die eigenen Handlungen haben.

Während der Ausbildung habe ich den richtigen Umgang mit den Tieren erlernt. Man bekommt ein Gespür dafür, wann es einem Tier schlecht geht und was man dann zu tun hat, um dem Tier zu helfen. Wenn es einem der Tiere nicht gut geht, entscheide ich zusammen mit dem verantwortlichen Wissenschaftler und einem Tierarzt über das weitere Vorgehen.

Sprechen Sie außerhalb ihres Berufs über Ihre Tätigkeit? Und wie reagieren Freunde/Bekannte/Familienangehörige, wenn sie von Ihrem Beruf erfahren?

Braune: Außerhalb meiner Arbeit rede ich verhältnismäßig wenig über meine Tätigkeiten. In der Gesellschaft wird es nicht immer akzeptiert, wenn man von Tierversuchen im Rahmen von Forschung und Wissenschaft spricht. Daher habe ich es mir angewöhnt, meine Arbeit nicht von selbst anzusprechen. Es kommt immer auf den Typ Mensch an, dem ich mehr von meiner Arbeit erzähle.

Privat mit Freunden oder Familie rede ich mehr und ohne Probleme über meine Arbeit. Das war nicht immer so. Zu Beginn meiner Ausbildung war es selbst bei der Familie und Freunden kein einfaches Thema. Nachdem dann alle erfahren haben, was genau meine Aufgaben sind, war das kein Problem mehr.

Meiner Meinung nach sollten die Menschen, die so streng gegen tierexperimentelle Forschung sind, sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen. Durch Unwissenheit entstehen oft falsche Vermutungen.

Was macht Ihnen bei Ihrer Tätigkeit besonders viel Freude? Und was eher weniger?

Braune: Der Umgang mit den Tieren macht mir natürlich große Freude! Es war immer mein Wunsch, mit Tieren arbeiten zu können. Mit dem Beruf der Tierpflegerin habe ich mir meinen Traum erfüllt. Dadurch, dass man mit Tieren arbeitet, ist jeder Tag anders. Ich habe viele ältere Tiere, aber auch einige Zuchten bei mir, dadurch habe ich eine gute Abwechslung, was die Arbeiten angeht. Natürlich freut es mich jedes Mal, wenn Neugeborene auf die Welt kommen und die Jungtiere dann irgendwann größer werden.

Am meisten Spaß macht mir die Arbeit mit unseren Auszubildenden, hier kann ich mein Wissen weitergeben und lerne natürlich täglich dazu. Eher weniger Spaß macht die PC-Arbeit. Wenn ich könnte, würde ich den ganzen Tag nur mit den Tieren arbeiten.

Hier geht es zu den anderen Teilen der Interview-Reihe.

Sind Sie auch Tierpfleger/-in? Wir würden uns freuen von Ihnen zu hören! Schreiben Sie uns, was sie tun, wie sie darüber denken, oder über den Kontakt mit Wissenschaftler/-innen an redaktion@tierversuche-verstehen.de

Glossar:

*Umsetzen: Mäuse werden von ihrem benutzen in einen neuen Käfig mit frischer Einstreu gesetzt.

**Absetzen: Wenn der Nachwuchs nicht mehr vom Muttertier gesäugt wird, werden die Jungtiere in eigene Käfige gesetzt.

***Ansetzen: Ein Männchen und ein Weibchen, die zusammen Nachkommen zeugen sollen, werden zu einer Verpaarung in einen Käfig zusammengesetzt.

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