„Verunglimpfung behindert Debatte über Tierversuche“: Wissenschaftsorganisationen fordern zu sachlichem Dialog auf

Die Wissenschaftsinitiative Tierversuche verstehen schaut mit zunehmender Besorgnis auf die Kampagne „Herz aus Stein“, einem Negativpreis für den angeblich „schlimmsten Tierversuch des Jahres“. Mit der Kampagne stellt der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ nun schon zum sechsten Mal Forschende öffentlich an den Pranger und fügt damit der gesellschaftlichen Debatte über Tierversuche erheblichen Schaden zu.

„Diese Kampagne greift gezielt einzelne Wissenschaftler*innen an und unterstellt ihnen Gefühlskälte und Empathielosigkeit“, erklärt Prof. Olivia Masseck, stellvertretende Vorsitzende der Initiative Tierversuche verstehen. Die Initiative wurde von den deutschen Wissenschaftsorganisationen ins Leben gerufen, um die sachliche und faktenbasierte Debatte über Tierversuche zu fördern. Organisierte, radikale Tierversuchsgegner würden jedoch insbesondere in den sozialen Medien ihre Follower durch Schockbilder und eine drastische Wortwahl immer wieder stark emotionalisieren und damit aufwiegeln. Die Kommentare unter den Postings zeugen von Wut und Hass, der bei den Menschen hervorgerufen werde. Medien, die eine Pressemitteilung des Vereins erhalten, sollten kritisch hinterfragen, ob sie der wissenschaftsfeindlichen und verletzenden Kampagne ihre Reichweite verleihen wollen, so Masseck.


Foto: Martin Ballaschk (MDC)

Kein Herz aus Stein

Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums (MDC) in Berlin haben sich der Kritik von Tierschützern gestellt und die Demonstranten zum Gespräch eingeladen. „Lassen Sie uns reden“, „Fragen Sie mich“, „Gesprächsbereit“ stand auf Zetteln der Mitarbeiter des Max-Delbrück-Centrums (MDC) in Berlin, die sie den Demonstranten entgegenhielten. Die Tierversuchsgegner waren zum MDC nach Berlin gereist, um dem Team von Prof. Dr. Gary Lewin das „Herz aus Stein“, einen selbsterdachten Negativpreis, zu verleihen. Der Einladung zur sachlichen Diskussion im MDC-Gebäude folgten die Demonstranten allerdings nicht.


Massek: „Wissenschaft geht mit Thema verantwortungsbewusst um“

In den vergangenen Jahren zeigten sich die von einer Nominierung betroffenen Wissenschaftler*innen stets erschüttert und verständnislos über die Vorwürfe. Die Forschenden erklärten Ihre Versuche in der Öffentlichkeit und stellten Transparenz her; keine der Forschungseinrichtungen nahm den Preis entgegen. Zur angekündigten Preisverleihung solidarisierte sich jeweils eine Vielzahl von Kolleg*innen im gemeinsamen Protest mit den Betroffenen und boten Tierversuchsgegner*innen Gespräche an.

„Die Wissenschaft geht mit dem Thema Tierversuche sehr verantwortungsbewusst um“, betont Olivia Masseck. So sei die Initiative Tierversuche verstehen nicht nur eine Informationsquelle, sondern vor allem ein Dialogangebot für den sachlichen und konstruktiven Austausch zwischen allen Interessierten. Der Dialog werde aber durch solche aggressiven Kampagnen erheblich beschädigt. „Wenn ein gesellschaftlicher Dialog gelingen soll, dann dürfen Wissenschaftler*innen nicht kriminalisiert, diffamiert oder an den Pranger gestellt werden. Deshalb rufen wir erneut zu einem sachlichen, transparenten und faktenbasierten Dialog auf, der nicht mit den Emotionen der Menschen spielt“, fordert Masseck.

Bei der Kampagne „Herz aus Stein“ handelt es sich um einen Negativpreis, der nach Angaben der Ärzte gegen Tierversuche „für den schlimmsten Tierversuch des Jahres“ verliehen wird. Dabei können die Nutzer*innen der Vereinswebseite aus einer Liste von fünf Nominierten abstimmen. Die Nominierungen erfolgen aufgrund von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die durch den Verein ausgewählt werden. Die Kriterien für die Auswahl sind nicht bekannt. Die öffentliche Nominierung geht mit einer Pressemitteilung einher, die auch an die lokalen Medien der Region der nominierten Einrichtungen verschickt wird. Der Preis wird seit 2017 jährlich verliehen.

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