Im Jahr 1960 wurde das erste empfängnisverhütende Präparat entwickelt: Die Pille. Bei der Entwicklung dieser Verhütungsmethode haben Tierversuche eine entscheidende Rolle gespielt. Tierversuche verstehen fasst die Historie und den aktuellen Forschungsstand zu hormonellen Verhütungsmitteln zusammen.
Heutzutage gibt es bereits eine Vielzahl an empfängnisverhütenden Mitteln. Viele dieser Methoden wie die Pille, der Vaginalring oder Spiralen enthalten Hormone, die den weiblichen Zyklus beeinflussen und so eine Schwangerschaft verhindern, indem sie etwa die Reifung der Eizellen oder die Einnistung befruchteter Eizellen blockieren.
Damit betreffen Verhütungsmethoden vor allem den weiblichen Körper, die finanzielle und organisatorische Belastung liegt somit häufig bei Frauen. Um das zu ändern, wird intensiv an unkomplizierteren Verhütungsmitteln und neuen Verhütungsmethoden für Männer geforscht. Das ist eine besondere Herausforderung, weil ein gesunder Mann ständig neue, funktionsfähige Spermien produziert.
Diese Forschung baut auf einer umfassenden wissenschaftlichen Geschichte zur Familienplanung auf (siehe Zeitstrahl). Tierversuche haben eine wesentliche Rolle in diesem Prozess gespielt und tragen weiterhin maßgeblich dazu bei, die Entwicklung von Verhütungsmitteln voranzutreiben.
Verhütungsmittel für Männer
Bisher gibt es zwei Möglichkeiten als Mann zu verhüten: Das Kondom oder die Vasektomie, also einen chirurgischen Eingriff, bei dem der Samenleiter durchtrennt wird. Doch schon bald könnten sich diese Optionen erweitern, denn Forschende arbeiten zurzeit an der Entwicklung mehrerer neuartiger Präparate.
Ein Grund dafür, dass es noch kein weiteres Verhütungsmittel für den Mann gibt, ist die besondere Schwierigkeit, eine Methode zu entwickeln, die effektiv verhindert, dass die Vielzahl der Samenzellen (Spermien) die Eizelle erreicht. Schließlich produziert ein gesunder, ausgewachsener Mann im Durchschnitt 1000 Spermien pro Sekunde.
Die Entwicklung neuer Verhütungsmethoden für den Mann wurde außerdem ausgebremst, da bei zunächst vielversprechender Forschung mit dem Hormon Testosteron in einer internationalen Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO bei den Probanden teils schwere Nebenwirkungen wie Depressionen, eine verminderte Libido und Gewichtszunahme auftraten. Die Studie wurde 2011 gestoppt.
Neuer nicht-hormoneller Wirkstoff verhindert Trächtigkeit bei Mäusen
Neue Hoffnung verspricht jetzt ein nicht-hormoneller Wirkstoff, der also ganz ohne Testosteron auskommt. Im Tierversuch mit Mäusen konnte das Präparat mit der Bezeichnung „YCT529“ zu 99 Prozent eine Trächtigkeit verhindern. Es wurde von einem Forschungsteam der University of Minnesota um Prof. Gunda Georg entwickelt und basiert auf der Hemmung eines Vitamin-A-Rezeptors (Retinsäure-Rezeptor-alpha, RAR-α). Dieser Rezeptor spielt eine wichtige Rolle beim Wachstum und bei der Reifung von Spermien. Wird er gehemmt, sinkt die Anzahl funktionierender Spermien deutlich.
Das zeigt auch der Versuch an Mäusen: Nach einem gewissen Verabreichungszeitraum konnte die Fruchtbarkeit nach einer vorübergehenden Unfruchtbarkeit ohne erkennbare Nebenwirkungen wiederhergestellt werden. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, denn ein Eingriff in den Vitamin-A-Signalweg könnte bislang nicht absehbare Auswirkungen haben. Das Verhütungsmittel befindet sich derzeit noch in der klinischen Entwicklung, seit Dezember 2023 läuft eine Studie mit männlichen Freiwilligen.
Substanz liefert Perspektiven für die männliche Empfängnisverhütung
Bei einem weiteren vielversprechenden Wirkstoffkandidaten mit der Bezeichnung „TDI-11861“gelang es Forschenden des Weill Cornell Medicine Centers in New York City, das Sperma von Mäusen und Menschen für einige Stunden zu inaktivieren. Zudem verhinderte die Substanz effektiv eine Schwangerschaft bei Mäusen. Das Team um Dr. Melanie Balbach entdeckte, dass der Wirkstoff ein Enzym in der Zellmembran (lösliche Adenylylcyclase, sAC) blockiert. Dadurch werden die Spermien unbeweglich und erreichen die Eizelle nicht mehr.
Anders als bei YCT529 bilden sich bei diesem Ansatz Spermien, die jedoch in Ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Dieser Effekt setzt schnell ein und ist bereits nach 24 Stunden wieder aufgehoben. Das ist die notwendige Zeit, um die Substanz im Körper abzubauen. Bevor TDI-11861 in Studien am Menschen zum Einsatz kommt, sind weitere Sicherheits- und Wirksamkeitstests an Versuchstieren vorgesehen.
Die Entwicklung neuer Präparate wie YCT529 und TDI-11861 bietet eine vielversprechende Perspektive für neue, effektive und nebenwirkungsarme Optionen der männlichen Empfängnisverhütung. Die Bemühungen konzentrieren sich darauf, eine effektive und gut verträgliche Verhütungsmethode zu finden, die die Verantwortung für die Familienplanung zukünftig gleichmäßiger auf beide Geschlechter verteilt. Obwohl weitere Studien und klinische Tests notwendig sind, um die Sicherheit und Wirksamkeit dieser neuen Ansätze zu bestätigen, lassen sie dennoch auf eine künftige Vielfalt an Verhütungsmöglichkeiten für Männer hoffen.