Die Stadt Münster hat Strafanzeige gegen drei Mitarbeiter der Universität Münster gestellt, nachdem in einem Universitätsgebäude 77 Mäuse ohne Genehmigung gehalten worden waren. Die Behörde geht nach eigenen Angaben davon aus, dass es sich nicht nur um einen Fall von illegaler Tierhaltung handelt, sondern um nicht genehmigte Tierversuche.
Das Veterinäramt stellte „bei etlichen Mäusen eindeutige Symptome fest, die auf länger anhaltende, erhebliche Schmerzen und Leiden der Tiere hinwiesen“. Nach Erkenntnis des Veterinäramtes „hätten die Verantwortlichen der Einrichtung diese Schmerzen und Leiden erkennen und beenden müssen“. Darüber hinaus sei „unter anderem auch ein nicht genehmigter chirurgischer Eingriff an einem Tier festgestellt“ worden, berichtete die Behörde weiter.
Uni-Rektor spricht entsetzt über Vertrauensbruch
Die Verantwortlichen der Universität hatten den Raum am 20. Juni nach einem anonymen Hinweis inspiziert und unmittelbar danach das Veterinäramt informiert. Noch am selben Tag hatte das Amt die Tiere in die Obhut der Zentralen Tierexperimentellen Einrichtung der Universität gegeben, die eine Erlaubnis zur Tierhaltung hat. Der Rektor der Universität, Johannes Wessels, zeigte sich wegen der Situation entsetzt und sprach von einem „Vertrauensbruch, weil sich die Universität einem verantwortungsvollen Umgang mit Tierexperimenten verpflichtet fühlt.“ Wessels weiter: „Wir werden alles dafür tun, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt.“
Die Veterinärbehörde geht davon aus, dass in dem Fall „erheblich gegen das Tierschutzgesetz verstoßen“ wurde. Bei Verstößen gegen geltende Bestimmungen sieht das Tierschutzgesetz eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Die Staatsanwaltschaft hat nun zu entscheiden, ob Anklage gegen die drei Mitarbeiter erhoben wird.
Wissenschaftler fordern lückenlose Aufklärung des Vorfalls
Der Sprecher der Initiative „Tierversuche verstehen“, Stefan Treue, äußerte sein Unverständnis über die Vorgänge. Treue: „Der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden und Verantwortliche sind zur Rechenschaft zu ziehen. Die Leitung der Universität hat durch schnelles und konsequentes Handeln gezeigt, dass Transparenz und verantwortlicher Umgang mit Versuchstieren für sie ein hohes Gut ist. Denn eine illegale Tierhaltung oder nicht genehmigte Tierversuche sind nicht zu rechtfertigen und nicht hinnehmbar. Ein solches Vorgehen schadet auch dem Anliegen aller Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sich für Transparenz und verantwortungsbewusste Tierversuche engagieren.“
Stefan Schlatt, wissenschaftliches Mitglied des Tierschutzausschusses der Universität Münster, mahnte: „Tierversuche sind ein hochsensibles Thema. Das muss jedem klar sein, der damit zu tun hat. Es gibt klare Regeln. Und die Menschen erwarten zu Recht, dass wir Forscher sie einhalten. Dass wir Wissenschaftler über solche Verstöße erbost sind, ist auch klar.“ Schlatt forderte eine lückenlose Aufarbeitung des Falles, damit sich derartige Zustände nicht wiederholen könnten.
Nachtrag vom 27. August 2018
Die Staatsanwaltschaft hat am 20. August 2018 mitgeteilt, dass sie ihre Ermittlungen gegen die drei Mitarbeiter der Universität Münster wegen Geringfügigkeit eingestellt hat.
Nachtrag vom 27. September 2018
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Vollstreckung der Ordnungsverfügung gegen eine verantwortliche Forscherin ausgesetzt, da Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung bestünden.
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