Zwei Ratten spielen mit einer Papprolle in ihrem Käfig.

VBIO fordert wissensbasierte und transparente Debatte

Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin (VBIO) und seine Mitgliedsgesellschaften haben gemeinsam eine Grundsatzposition zu wissenschaftlichen Tierversuchen erarbeitet. Diese erklärt, warum nach Überzeugung des Verbandes in bestimmten Bereichen wissenschaftliche Tierversuche weiterhin notwendig sind. Zudem fordert der Verband eine Angleichung der tierschutzrechtlichen Standards auf internationaler Ebene und eine Stärkung des 3R-Ansatzes (Replacement (Vermeidung), Reduction (Verringerung), Refinement (Verbesserung)).

 

Der VBIO hält eine wissensbasierte und transparente Debatte zu Tierversuchen für erforderlich. Dabei gehe es um eine verantwortungsvolle Abwägung von größeren Zusammenhängen und die Benennung von Konsequenzen eines voreiligen Verzichts. Der Verband geht davon aus, dass Tierversuche für bestimmte Zwecke in naher Zukunft nicht ersetzt werden können. „Im Sinne einer sachlichen und ausgewogenen Information fordert der VBIO daher die Gegner von Tierversuchen auf, die Konsequenzen einer Abschaffung aller Tierversuche explizit zu benennen“, so Prof. Dr. Gabriele Pfitzer, Präsidiumsmitglied des VBIO, in einer Pressemitteilung. Eine Abschaffung von Tierversuchen könnte eine steigende Zahl von Versuchen mit menschlichen Probanden nach sich ziehen, zu Problemen bei der Behandlung von Patienten oder bei Sicherheitsprüfungen von Chemikalien sowie der Prüfung von Arzneimitteln führen.

 

Der VBIO ruft daher alle Beteiligten zu einer Versachlichung der Debatte auf: „Wer ein zeitnahes Ende aller Tierversuche suggeriert, verkennt die Sachlage und ignoriert berechtigte Anliegen der Förderung von Wohl und Gesundheit bei Mensch und Tier und ihrer Basis, der Grundlagenforschung“, so der Verband.

 

„Tierversuche werden auch weiterhin benötigt, und zwar insbesondere in der Grundlagenforschung, bei der Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung menschlicher Erkrankungen, für die Erhaltung der Tiergesundheit, zum vorbeugenden Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier, im Tier- und Artenschutz und nicht zuletzt zur Weiterentwicklung alternativer Methoden und zu Ausbildungszwecken“, heißt es in der Pressemitteilung.

 

Die im VBIO und seinen Mitgliedsgesellschaften organisierten Biowissenschaftler bekennen sich explizit zum 3R-Prinzip. Hierbei geht es darum, wo immer es möglich ist, Tierversuche zu ersetzen (Replacement), die Zahl der Tiere in Tierversuchen zu reduzieren (Reduction) und deren Belastung auf das geringstmögliche Maß zu beschränken (Refinement).

 

Tierschutz ist seit 2002 als Staatsziel in der deutschen Verfassung verankert. Die Durchführung wissenschaftlicher Tierversuche ist daher strikt reguliert. Jedes einzelne Forschungsprojekt, das Tierversuche benötigt, unterliegt einer sorgfältigen und verantwortungsvollen Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter und Interessen. Diese Abwägung umfasst nicht nur die ethische Würdigung des Handelns, sondern auch die des Unterlassens. Alle in Deutschland durchgeführten Tierversuche haben diese sorgfältige ethische Bewertung durchlaufen. Sie werden nur genehmigt, weil sie vorab als unerlässlich eingeschätzt wurden und in Einklang mit dem 3R-Prinzip stehen.

 

Vor diesem Hintergrund setzt sich der VBIO in besonderer Weise für eine Debatte zum Thema Tierversuche ein, in der größere Zusammenhänge berücksichtigt, verantwortungsvoll abgewogen und die Konsequenzen eines Verzichtes auf Tierversuche explizit benannt werden.

 

Rechtssicherheit für Wissenschaftler, die Tierversuche durchführen, und eine Angleichung der tierschutzrechtlichen Standards auf nationaler und internationaler Ebene sowie faire Chancen für Wissenschaftler in Deutschland sind aus Sicht des VBIO wesentliche Desiderate.

 

Schließlich unterstützt der VBIO eine weitere Stärkung des 3R-Ansatzes durch die Vergabe von Forschungsgeldern zur Weiterentwicklung alle drei Rs einschließlich versuchstierkundlicher Forschung zu Refinement und Reduction.

 

Die Grundsatzposition ist in voller Länge verfügbar unter folgendem Link.

 

Die Grundsatzpositionen in der Zusammenfassung:

 

  • in der Grundlagenforschung

    Zwar können die Eigenschaften von einzelnen Biomolekülen oder von Zellen im Reagenzglas bzw. in der Zellkultur untersucht werden, aber die Wechselwirkung der verschiedenen Organe, ihre Entwicklung, und die verschiedenen Faktoren, die ihre Funktion regulieren, können nur am lebenden Organismus – vorzugsweise in geeigneten Tiermodellen – umfassend untersucht werden.
Auch grundlegende Fragestellungen aus dem Bereich der Allgemeinen Zoologie, Tierökologie bzw. der Verhaltensforschung lassen sich ausschließlich am lebenden Gesamtorganismus untersuchen. Ein Großteil der Untersuchungen zu inner- und zwischenartlichen Interaktionen oder zu den Beziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt unterliegt daher ebenfalls dem Tierschutzgesetz und damit der Genehmigungspflicht.

 

  • bei der Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung menschlicher Erkrankungen

    Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit neuer Behandlungsstrategien und Therapieansätze müssen so gut wie möglich untersucht sein, bevor diese für die Behandlung von Krankheiten beim Menschen eingesetzt werden können. Diese Prüfungen sind nur auf systemischer Ebene möglich. Sie sind gesetzlich vorgeschrieben und detailliert geregelt.

 

  • für die Tiergesundheit

    Tierversuche im Bereich der Tierhaltung und -ernährung sowie der Tiermedizin haben in der Vergangenheit zum Tierwohl beigetragen und können dies auch weiter tun. Eine Vielzahl der ursprünglich für Menschen entwickelten Medikamente werden in der Tiermedizin angewandt.

 

  • zum vorbeugenden Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier

    Substanzen müssen sorgfältig auf Ihre Wirkungen und Nebenwirkungen auf Mensch und Tier geprüft werden. Diese Prüfungen im Rahmen regulatorischer Zwecke und in der Routineproduktion sind gesetzlich vorgeschrieben.

 

  • im Tier- und Artenschutz

    Der Tier- und Artenschutz ist auf eine möglichst umfassende Kenntnis seiner Schutzobjekte angewiesen. Diese sind aber nur durch wissenschaftliche Methoden zu erlangen, die als Tierversuche eingestuft werden – etwa Verhaltensuntersuchungen oder Ausstattung von Wildtieren mit Sendern.

 

  • zur Weiterentwicklung alternativer Methoden

    Alternativmethoden sollen langfristig dazu beitragen, die Anzahl von Versuchstieren     zu verringern bzw. Tierversuche zu vermeiden. Für die Etablierung und Validierung von alternativen Methoden muss jedoch erst nachgewiesen werden, dass die neue Methode ähnlich zuverlässige Ergebnisse liefert wie der entsprechende Tierversuch.

 

  • zu Ausbildungszwecken

    Um die skizzierten Ziele zu erreichen, ist eine gute Ausbildung von Fachkräften essentiell und auch vorgeschrieben. Auf diese Weise werden Leiden und Schäden bei den Versuchstieren vermieden.

Frau und Fragezeichen

Dialog

Fragen Sie uns

Unsere Experten beantworten gerne Ihre Fragen.

Kontaktformular Bestellen
Tierversuche verstehen-Podcast
"Fabeln, Fell und Fakten":