Neue EU-Statistik: Mehr Transparenz und „eindeutige positive Entwicklung“ bei Tierversuchen

 

Die Europäische Union (EU) hat erstmals auf Basis der EU-Richtlinie 2010/63/EU eine detaillierte Statistik zu Tierversuchen veröffentlicht. Die EU-Kommission spricht von einer erheblich verbesserten Transparenz, es gebe eine „eindeutige positive Entwicklung“.

Die jetzt veröffentlichten Zahlen der EU umfassen die Jahre 2015 bis 2017. Europaweit konnte 2017 ein leichter Rückgang auf insgesamt 10.882.102 Versuchstiere verzeichnet werden, nachdem zuvor 11.401.030 Tiere (2015) und 11.231.869 Tiere (2016) verwendet wurden. Damit kommen bei 510 Millionen Einwohnern in der EU auf jede/n Einwohner/in rechnerisch rund 1,7 Versuchstiere für wissenschaftliche und medizinische Forschung (bei einer durchschnittlichen Lebenszeit von etwa 80 Jahren).

Deutschland setzte 2017 laut EU-Statistik 1.793.299 Versuchstiere ein. Hinzu kommen weitere 275.514 Tiere, die erneut verwendet oder zur Zucht von genetisch veränderten Tieren benötigt wurden. Daraus ergibt sich eine Gesamtzahl von knapp 2,1 Millionen Versuchstieren für Deutschland. Diese weist auch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) aus. Damit hatte die Bundesrepublik 2017 einen Anteil von 19 Prozent an den Versuchstieren in Europa, was leicht über dem deutschen EU-Bevölkerungsanteil von ca. 16 Prozent liegt. Gleiches gilt auch für andere ähnlich forschungsstarke EU-Staaten wie beispielsweise die Niederlande. Sie wiesen 2017 insgesamt knapp 480.000 Versuchstiere aus. Dies entspricht 4,4 Prozent der EU-Versuchstiere. Der EU-Bevölkerungsanteil der Niederlande entspricht lediglich 3,3 Prozent.

Rückgang bei gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen

Prof. Rainer Nobiling von der Universität Heidelberg weist auf einen leichten Rückgang bei den gesetzlich vorgeschriebenen (regulatorischen) Versuchen. „Der Rückgang bei den vorgeschriebenen Versuchen entspricht der Entwicklung in Deutschland. Bei Versuchen in der Grundlagenforschung oder der Entwicklung neuer medizinischer Anwendungen lässt sich hingegen kein eindeutiger Trend erkennen“, sagt der Experte, der die Zahlen auf EU-Ebene und für Deutschland seit vielen Jahren analysiert.

Anteil von genetisch veränderten Tieren steigt

Eine weitere Beobachtung: Auf EU-Ebene nahm der Einsatz genetisch veränderter Versuchstiere zwischen 2015 und 2017 zu. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Mäuse und Zebrafische. „Auch diesen Trend beobachtet man in Deutschland. Da gibt es also europaweit Parallelen.“, so Nobiling.

Deutlich weniger belastende Versuche in Deutschland als im EU-Durchschnitt

Der Großteil der Versuche war sowohl in der EU als auch in Deutschland mit geringen Belastungen für die Tiere verbunden (EU: 53%, Deutschland: 59%). Im Vergleich zur EU wurden in Deutschland 2017 aber nur etwa halb so viele schwer belastende Tierversuche durchgeführt (EU: 10%, Deutschland: 6%). Auch gab es in Deutschland 2017 weniger Versuchstiere die mittleren Belastungen ausgesetzt waren als im EU-Durchschnitt (EU: 31%; Deutschland: 27%).

Inhalte des EU-Vertragsverletzungsverfahrens weiter unbekannt

Einen Zusammenhang zwischen den EU-Zahlen und dem derzeit laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland gibt es nicht. Prof. Stefan Treue, Sprecher der Initiative Tierversuche verstehen: „Das Verfahren zur Vertragsverletzung ist zu unserem Bedauern nicht öffentlich. Wir können daher nicht folgern, dass Deutschland die EU-Richtlinie verletzt. Denn wir wissen ja nicht, um was es genau geht. Weder die EU noch die Bundesregierung haben sich bisher in der Öffentlichkeit detailliert zu den Inhalten geäußert. Daher werden wir uns unseriösen Spekulationen, über die Inhalte des Verfahrens nicht anschließen.“

 

Update vom 16.03.2020: Die Gesamtzahlen der Versuchstiere in der EU, und damit auch die Anteile der Versuchstiere aus Deutschland daran, wurden überarbeitet. Nun sind auch weitere Tiere in die Gesamtzahlen der Jahre 2015 bis 2017 einbezogen, die zur Erhaltung genetisch veränderter Tierlinien gezüchtet wurden. Die Aufschlüsselung der von der EU veröffentlichten Zahlen weicht erheblich von der in Deutschland üblichen Darstellung ab, was den direkten Vergleich erschwert.

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