weibliche Malariamücke

Schwierige Forschung – Malaria-Impfstoff fordert die Wissenschaft heraus

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Tübingen haben einen neuen Malaria-Impfstoff entwickelt. Die Impfung mit dem Namen Plasmodium falciparum sporozoites (PfSPZ) zeigte in Untersuchungen bei Menschen über zehn Wochen einen bis zu 100-prozentigen Schutz. Signifikante Nebenwirkungen sind bislang nicht aufgetreten. Ist damit nun endlich der große Wurf gelungen?

Impfstoffentwicklung
Der Impfstoff wurde in einer klinischen Studie am Institut für Tropenmedizin der Universität Tübingen getestet. Foto: Paul Mehnert / Universität Tübingen

Die Nachricht über einen 100-prozentigen Schutz gegen Malaria klingt vielversprechend, forschen Wissenschaftler doch bereits seit mehr als einem Jahrhundert nach einem Impfstoff gegen diese lebensbedrohliche Erkrankung. In der Vergangenheit mussten die Forscher immer wieder Rückschläge hinnehmen. Ein Hoffnungsträger, der Impfstoff RTS,S, erwies sich letztlich als nur begrenzt wirksam. Die in Tübingen entwickelte Impfung erzielte bei den bisherigen neun Studienteilnehmern einen 100-prozentigen Schutz. Voraussetzung dabei ist, dass ihnen eine hohe Dosierung drei Mal im Abstand von vier Wochen verabreicht wird.

Prof. Peter G. Kremsner hat eine Malariaimpfung entwickelt
Prof. Peter G. Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen, Foto: Christoph Jäckle

Der Knackpunkt bei bisherigen Vakzinen waren ihre mangelnde Effektivität und Verträglichkeit der Wirkstoffe sowie ein zeitlich nur limitierter Schutz. „Malaria-Parasiten sind einfach sehr viel komplexer als Bakterien oder Viren. Das betrifft beispielsweise die Vermehrung oder den Lebenszyklus des Parasiten“, erklärt Prof. Peter G. Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. Zusammen mit einem internationalen Forscherteam entwickelte er ein Infektionsmodell im Menschen. „Tierversuche haben uns bei der Entwicklung eines Impfstoffes in der Vergangenheit hingegen auch schon in die Irre geführt“, erklärt er die Gründe für seine Herangehensweise. Er gibt aber auch zu: „Sicherlich ist es ungewöhnlich, Infektionen direkt im Menschen zu testen, wo es aber möglich ist, ist es der beste Weg, Medizin zu verbessern.“ Für seine Studie verabreichte er 67 gesunden Probanden zwischen 21 und 45 Jahren in unterschiedlichen Dosierungen und Intervallen intravenös nicht abgeschwächte Malaria-Erreger. Parallel nahmen die Probanden ein Malaria-Medikament ein, das eine Infektion verhindert.

Malaria-Impfstoff PfSPZ – viele Fragen noch offen

„Die Studie zeigt, dass die Entwicklung einer Impfung möglich ist“, hebt Dr. Thomas Jacobs, Infektionsforscher am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, hervor. Dennoch gibt er zu bedenken, dass dieser Impfstoff sicher nur schwer flächendeckend eingesetzt werden kann, da die Erreger manuell aus den Speicheldrüsen von Mücken gewonnen werden. „Dieser Prozess ist arbeitsaufwendig und teuer“, sagt Jacobs. Es komme nun außerdem darauf an, wie der Impfstoff in Afrika, wo es weitere Malariastämme gibt, wirke. Zuverlässigkeit und Haltbarkeit des Schutzes müssen ebenso überprüft werden wie Dosierung und Impfabstände. Außerdem müsse geklärt werden, mit welchen Anti-Malaria-Mitteln die Impfung idealerweise kombiniert werden kann, so Jacobs. „Hier könnten noch Probleme auftauchen.“

Die Rolle von Tierversuchen bei der Impfstoffentwicklung

Auch wenn Kremsner selbst für seine Impfstoffstudie keine Tierversuche durchgeführt hat, bilden sie die Grundlage seiner Forschung. So konnten er und sein Team u.a. auf früheren Arbeiten aufbauen, die im Mausmodell erforscht haben, wie sich die hochdosierte Verabreichung von Sporozoiten (das infektiöse Stadium der Parasiten) auswirkt.

PD Dr. Thomas Jacobs
PD Dr. Thomas Jacobs forscht am BNITM an der Regulation der Immunantwort im Verlauf der Malaria, Foto: SFB 841 „Leberentzündung“

Laut Jacobs ließen sich auch Immunantworten auf Infektionen sehr gut im Tier abbilden. „Wir haben im Tierversuch herausgefunden, dass den sogenannten T-Gedächtniszellen eine besondere Bedeutung im Schutz vor Malaria zukommt. Wie genau diese Zellen funktionieren, haben wir aber noch nicht verstanden. Ohne Tierversuche könnten wir nur schwer erforschen, wie diese Zellen entstehen und welche Signale sie brauchen, um zur Gedächtniszelle zu werden“, sagt Jacobs. Er sieht hier einen vielversprechenden Ansatz für neue Therapien. Die besondere Herausforderung liegt darin, ein geeignetes Tiermodell zu finden, da sich der Malaria-Parasit extrem gut an den Menschen angepasst hat. „Nicht alle Aspekte der Malaria im Menschen und Tier sind gleich, aber gerade Impfstoffe haben im Tier und Menschen eine sehr ähnliche Wirkung.“

Bis der neu entwickelte Malaria-Impfstoff aus Tübingen in einer breiten Bevölkerungsschicht eingesetzt werden kann, werden noch mindestens fünf Jahre vergehen. Vorher sind noch größere Studien über einen längeren Zeitraum erforderlich. Anders sieht es mit einer Zulassung als Reisemedikament aus. Hier gelten andere Anforderungen, so dass eine Zulassung in zwei bis drei Jahren realistisch sein könnte. „Unser Ziel ist es, eine Impfung zu entwickeln, die einen lebenslangen Schutz bietet. Wir sind überzeugt, dass das mit einem Lebendimpfstoff möglich ist“, sagt Kremsner.

Erste Untersuchungen dazu wurden bereits bei gesunden Probanden sowie an Primaten durchgeführt, wie eine Veröffentlichung im Magazin Nature aus 2016 zeigt.

Malaria: Die Infektionskrankheit mit den weltweit meisten Todesopfern

Prof. Peter G. Kremsner behandelt Malaria-Patient
Prof. Peter G. Kremsner, Foto: Christoph Jäckle

212 Millionen Neuinfektionen und rund 429.000 Todesfälle pro Jahr. Über 90 Prozent davon in Afrika. Mit dieser Bilanz ist Malaria die Infektionskrankheit mit den meisten Opfern weltweit. Besonders Kinder unter fünf Jahren infizieren sich mit den heimtückischen Parasiten. Zu den effektivsten Präventionsmaßnahmen zählen aktuell Moskitonetze und Insektensprays – einen vollständigen Schutz bieten beide nicht. Zwar lässt sich eine Malaria-Infektion inzwischen gut behandeln, doch der einzellige Parasit bildet Resistenzen gegen Medikamente aus. Um die Menschen in den betroffenen Gebieten zu schützen, ist die Forschung nach neuen Medikamenten und Impfstoffen daher unverzichtbar (weitere Informationen gibt es im WHO World Malaria Report 2016).

Originalarbeit

Benjamin Mordmüller, et al. Sterile protection against human malaria by chemoattenuated PfSPZ vaccine in Nature, Februar 2016

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