Ebola-Impfung, Foto: NIAID

Ebola – Forschung zahlt sich aus

Das Ebola-Virus ist ein zäher Gegner – das zeigen die jüngsten Entwicklungen in der zentralafrikanischen Demokratischen Republik Kongo. Nachdem der Ebola-Ausbruch am 24. Juli 2018 vom kongolesischen Gesundheitsministerium offiziell für beendet erklärt wurde, brach der Erreger nur wenige Tage später in einer anderen Region des Landes erneut aus.

Die World Health Organization (WHO) bestätigte am 9. September 2018 eine Anzahl von mindestens 101 Menschen, die mit Ebola infiziert wurden, sowie 60 Todesfälle. Bei weiteren 31 Toten wird Ebola als Todesursache vermutet. Die Regierung startete daraufhin eine Impfkampagne, die den Ausbruch unter Kontrolle bringen soll. Doch wo steht die Ebola-Forschung derzeit? Und welche Erkenntnisse gewinnen Wissenschaftler aus den Epidemien?

Bei der in diesem Mai 2018 ausgebrochenen Ebola-Erkrankung wurden fünf Medikamente erstmals in der Behandlung auf ihre Wirksamkeit getestet. Adhanom Ghebreyesus , Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO , bezeichnete diese Therapien als „neue Waffen“. Dazu zählt auch der Impfstoff rVSV-ZEBOV. Die Entscheidung zum Einsatz der fünf noch nicht zugelassenen Impfstoffe traf eine Ethik-Kommission im Rahmen eines Compassionate Use-Programms. Die Medikamente konnten in diesem Fall aus humanitären Gründen zur Behandlung eingesetzt werden, obwohl sie noch nicht zugelassen sind.

Die bisher verheerendste Ebola-Epidemie liegt ebenfalls noch nicht lange zurück. Sie brach im Dezember 2013 in Westfafrika aus und führte zwischen 2014 und 2016 in den Ländern Liberia, Guinea und Sierra Leone zu fast 29.000 Erkrankungen. 11.300 Patienten starben. Im Januar 2016 erklärte die WHO Westafrika für Ebola-frei. Die Faustregel für das Ende einer Ebola-Epidemie lautet: Es darf während der doppelten Dauer der maximalen Inkubationszeit (etwa drei Wochen, d.h. nach 42 Tagen) keine Neuerkrankungen geben.

Prof. Stephan Becker
Langjährige und erfolgreiche vorklinische Prüfungen

Einige Impfstoffe, deren Wirkung sich in Tierversuchen als vielversprechend herausgestellt hatten, befanden sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs 2014 seit Jahren in der vorklinischen Phase. In dieser Zeit arbeiten Wissenschaftler im Labor an Wirkstoffen oder erproben sie mit Zellkulturen und an Tieren. „Bereits 2005 war das Studiendesign so ausgereift, dass Ebola- und Marburg-Fieber an Mäusen und Meerschweinchen getestet werden konnten. Im selben Jahr konnte der Wirkstoff erfolgreich an Affen erprobt werden“, erklärt Prof. Stephan Becker vom Institut für Virologie an der Philipps-Universität Marburg. Bei den Impfstoffen handelt es sich um harmlose Viren, die ein Protein des Ebola-Erregers produzieren und die eine Immunantwort des Körpers auslösen. Die geimpfte Person entwickelt dadurch eine Immunität gegen die Krankheit selbst.

„Man hätte viel schneller zu klinischen Studien übergehen können“, kritisiert Prof. Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin von der Universität Tübingen, die lange Zeitdauer der vorklinischen Phase. Natürlich habe die Weltgemeinschaft zusammengestanden und mit viel Geld und Entschlossenheit die Epidemie erfolgreich bekämpft. Auf der anderen Seite seien allerdings, so Kremsner, vorher bereits sehr viele vorklinische tierexperimentelle Studien durchgeführt worden.
„Bei der Entwicklung von Impfstoffen müssen wir die Verfahren überdenken und präklinische Versuche auf ein notwendiges Minimum reduzieren“, fordert der Infektionsforscher, der als Mitglied des Expertenkonsortiums der WHO auch Strategien gegen Seuchen wie Ebola mitentwickelt. Kremsner plädiert dafür, möglichst schnell in klinische Studien einzusteigen, wenn sich ein Wirkstoff im Tierversuch als nicht giftig und aussichtsreich herausgestellt habe. Die vorgeschriebene Impfdosis könnte somit besser eingeschätzt werden. Erst im vergangenen Jahr hatte Kremsner mit einer Gruppe von Wissenschaftlern nachgewiesen, dass der Impfstoff auch bei Kindern eingesetzt werden könnte.

rVSV-ZEBOV erster Impfstoff mit sicheren Ergebnissen in der klinischen Studie
Prof. Peter G. Kremsner
Prof. Peter G. Kremsner

Erste klinische Studien hatten Ende 2014 begonnen. Die WHO, die internationale Forschungsgemeinschaft und Unternehmen wollten möglichst schnell zu Ergebnissen kommen. Die Erprobung an Menschen hatte zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Lage höchste Dringlichkeit. In einer weltweiten Aktion wurden acht klinische Studien durchgeführt. Dabei wurde die Methode der Ringimpfungen als finale Phase-3-Versuche in den betroffenen Gebieten eingesetzt. Diese Impfstrategie, in den 1970er-Jahren vom amerikanischen Mediziner Donald Henderson entwickelt, galt ursprünglich der Ausrottung der Pocken. Die Methode sieht vor, nur jene Personen, die Kontakt mit neuinfizierten Patienten hatten, mit dem noch nicht zugelassenen Impfstoff rVSV-ZEBOV zu behandeln. Dieses Verfahren zeigte sehr gute Ergebnisse, sodass Ende 2016 berichtet wurde, dass dieser Wirkstoff als erster Impfstoff wirksam und sicher abschließend klinisch getestet wurde.

„Die Impfstoff-Entwicklung ist so weit vorangeschritten, dass im Ausbruchsfall die Impfung bereits eingesetzt werden kann“, erklärt Kremsner. Er wird tatsächlich zurzeit schon in großen Mengen produziert. Eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) ist 2019 zu erwarten.

Als Konsequenz aus der Epidemie in Westfafrika wurde im Januar 2017 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein weltweites Netzwerk zur Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen gegründet. Dieser öffentlich-privaten Forschungs-Allianz namens CEPI steht ein Budget von über 460 Mio. Dollar zur Verfügung, um bevorstehende Ausbrüche viraler Infekte durch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung neuer Impfstoffe zu bekämpfen.

Entwicklung neuer Impfstoffe und Therapien

Tierversuche sind bei der Entwicklung neuer Impfstoffe absolut unumgänglich, ist der Marburger Forscher Becker überzeugt. „Wir können nicht einfach am Menschen testen und uns dann wundern, dass der Impfstoff beispielsweise nicht wirkt oder zu übermäßigen Nebenwirkungen führt“, so Becker. Ein internationales Netzwerk von Hochsicherheits-Tierlaboren müsse im Krisenfall zusammenarbeiten und erfolgversprechende Wirkstoff-Kandidaten entwickeln. Dennoch sei mit sehr schnellen Entwicklungen von neuen Impfstoffen auch in Zukunft nicht zu rechnen. „Besonders bei noch unbekannten Erregern dauert es lange, bis passende Modelle entwickelt sind“, weiß Becker, der zugleich am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) die Sektion für „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ koordiniert. Für ihn fällt der frühzeitigen Erkennung von Krankheitserregern „eine sehr wichtige Rolle“ zu. Die WHO führt eine Liste mit den gefährlichsten aufkommenden Infektionskrankheiten, die zu größeren Epidemien führen könnten.

Wie genau das Virus übertragen wird, ist bisher noch unklar. Forscher am Robert-Koch-Institut in Berlin versuchen in einem S4-Hochsicherheitslabor (Labor mit höchster Schutzstufe) durch Versuche an einer bestimmten Fledermausart, diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Neben der Entwicklung von Impfstoffen wird auch an Therapien geforscht, wie zum Beispiel einem Ebola-Hemmstoff, mit dem Ziel, ihn bei bereits infizierten Patienten einzusetzen. Becker ist an dessen Entwicklung beteiligt. Mit seinem Team forscht er zusätzlich an antiviralen Medikamenten mit Breitbandwirkung, denn bisher mussten virenhemmende Medikamente individuell für eine ganz spezielle Virengruppe zugeschnitten sein. Ein großes Ziel, dessen Forschung noch relativ am Anfang steht. „Ein antivirales Breitbandmedikament würde gegen Viruserkrankungen so wirken, wie Penizillin gegen bakterielle Infektionen“, verdeutlicht Becker den medizinischen Stellenwert.

Stand: September 2018

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