Impfstoff

Corona-Impfung: Erste Impfstoffe machen Hoffnung – Tierversuche ebneten den Weg

Zwei Impfstoffe, die vor COVID-19 schützen können, sind in der EU bereits zugelassen. Tierversuche, u.a. an Mäusen und Rhesusaffen, haben den Weg zu diesen Impfstoffen geebnet. Mehrere Millionen Menschen weltweit wurden bereits geimpft.

Aktuell (Stand 15.01.2021) befinden sich weltweit mehr als 60 Impfstoffkandidaten in der klinischen Erprobung, mehr als 20 davon in der finalen Phase III. In dieser Phase werden Impfstoffe an vielen Tausend freiwilligen Probanden auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit hin untersucht. Eine erste Zwischenauswertung der klinischen Phase-3-Studie mit über 40.000 Probanden hatte für den Kandidaten des Mainzer Unternehmens BioNTech bereits im November 2020 ergeben, dass der Impfstoff mehr als 90 von 100 symptomatischen COVID-19- Erkrankungen verhinderte. Das ist ein vergleichsweise hoher Grad an Wirksamkeit. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei den Tests mit dem Impfstoff der US-Firma Moderna, der ebenfalls auf der mRNA-Technologie beruht. Die Ergebnisse überzeugten mittlerweile Zulassungsbehörden weltweit. In der EU gibt es für beide Impfstoffe bedingte Zulassungen, während die Studien weiterlaufen und die breit angelegte Impfung der Bevölkerung engmaschig kontrolliert wird.

Ohne Tierversuche kein Corona-Impfstoff

Der Genehmigung der ersten klinischen Tests an Menschen durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) waren Tierversuche an Mäusen und Ratten vorausgegangen. Dabei wurden etwa die Fähigkeit zur Auslösung einer Immunantwort (Immunogenität), die Dosierung und das Impfschema, also wann und wie häufig geimpft werden muss, sowie mögliche Nebenwirkungen untersucht. Ausführlichere Informationen zu den Tierversuchen vor den ersten Tests an Menschen für den Impfstoff „BNT162b2“ (Marktname: Comirnaty) finden sich im Press-Briefing des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) (Seiten 7,9). Das Paul-Ehrlich-Institut ist die deutsche Zulassungsbehörde für Impfstoffe.

Zwei Rhesusaffen
Rhesusaffe im Freigehege des Deutschen Primatenzentrums. Foto: Anton Säckl

Die Voraussetzungen für die Zulassung eines Impfstoffs sind international harmonisiert. Hierzu zählt auch, welche Daten aus Tierversuchen dafür vorliegen müssen. Darauf hatten sich mehr als 20 internationale Regulierungsbehörden bereits im März 2020 verständigt. Darunter sind unter anderem die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA, die europäische Arzneimittelagentur EMA, die Weltgesundheitsorganisation WHO und die deutsche Zulassungsbehörde, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI).

Und so wurden – entgegen Gerüchten aus dem Internet – auch für den Moderna-Impfstoff „mRNA-1273“ Tierversuche mit Mäusen durchgeführt, um die Immunantwort auf die Impfung zu untersuchen. Die Infektionsabteilung der US-Gesundheitsbehörde NIAID hatte dazu aufgrund der Gerüchte ein gesondertes Statement herausgegeben, das das beschleunigte Vorgehen beschreibt. Die Studien wurden Anfang August 2020 formal veröffentlicht.

In späteren Phasen wurden Tierversuche mit Rhesusaffen durchgeführt. Rhesusaffen sind natürlicherweise empfänglich für eine Infektion mit SARS-CoV-2 und entwickeln auch Krankheitssymptome wie etwa eine Lungenentzündung. Sie eignen sich also sehr gut als Tiermodell für die COVID-19-Erkrankung. Nach der Gabe der experimentellen Impfstoffe BNT162b2 bzw. mRNA-1273 wurden die Tiere mit dem Virus infiziert (sog. Challenge-Versuch) – sie waren jedoch geschützt, eine Infektion war nicht nachweisbar.

Die Ergebnisse der Studien sind öffentlich einsehbar: Sie wurden teilweise in Pressemitteilungen, in Vorveröffentlichungen oder in durch unabhängige Experten begutachteten wissenschaftlichen Journalen bekanntgegeben.

Corona-Impfstoff made in Germany

Das Mainzer Unternehmen BioNTech hat den Impfstoff in Deutschland entwickelt. Zur klinischen Entwicklung sowie der Erprobung und Herstellung seines mRNA-basierten Impfstoffs arbeitet BioNTech mit dem US-Pharmakonzern Pfizer zusammen. Ebenfalls eine mRNA-Impfstoff-Strategie verfolgt auch ein zweites deutsches Unternehmen, CureVac, aus Tübingen. Auch hier wurden – den internationalen Konventionen entsprechend – vor den ersten Tests an Menschen Versuche mit Mäusen durchgeführt, um Immunogenität, Dosis und Impfschema zu testen. Später zeigte der CureVac-Impfstoff „CVnCoV“ auch im challenge-Versuch mit zuerst geimpften und dann gezielt infizierten Rhesusaffen, dass der Impfstoff die Affen vor einer Erkrankung schützen konnte. In einem ähnlichen Versuch mit Mäusen, die für das SARS-CoV-2 durch genetische Veränderung empfänglich gemacht wurden, zeigte CVnCoV auch einen Schutz vor der Virus-Variante B.1.351 („Südafrika-Variante“).

Zwei weitere Impfstoffkandidaten entwickelt das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Bei diesen handelt es sich um einen Vektorimpfstoff, die die Virusinformation nicht in Form der mRNA, sondern mithilfe eines harmlosen Trägervirus in den Körper schleust. Beide Kandidaten befinden sich aktuell noch in der präklinischen bzw. klinischen Erprobung (Tierversuche bzw. Phase I). Die klinische Entwicklung des DZIF-Impfstoffs „MVA-SARS-2-S“ wurde jedoch pausiert, weil die Phase-I-Studie nicht die erhoffte Wirkung zeigte.

In dieser interaktiven Grafik erfahren Sie, was ein mRNA-Impfstoff ist, wie die Impfstoffentwicklung abläuft, und warum dieser Prozess, der sonst viele Jahre dauert, bei COVID-19 so stark beschleunigt werden konnte:

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Hoffnung – aber noch viele offene Fragen

Mit den Zulassungen der ersten Impfstoffe sind große Hoffnungen verbunden. Außerdem hat sich damit zum Beispiel bestätigt, dass das anvisierte Spike-Protein des Coronavirus tatsächlich ein geeigneter Angriffspunkt ist. Da fast alle gegenwärtig in der Entwicklung befindlichen Corona-Impfstoffkandidaten dieses Spike-Protein zum Ziel haben, gab es Befürchtungen, ob man hier nicht alles auf eine – und damit womöglich auf die falsche – Karte gesetzt haben könnte. Nun steht fest: Es ist die richtige Karte.

Allerdings sind einige Fragen bisher weiterhin offen. So ist etwa weiterhin unbekannt, ob die Impfungen eine Infektion komplett verhindern oder nur vor einem symptomatischen Krankheitsverlauf schützen. Eine Frage, die jedoch für die weitere Ausbreitung des Coronavirus und auch damit zusammenhängende Schutzmaßnahmen enorm relevant ist. Neuere Ergebnisse, u.a. aus Tierversuchen mit Affen und Hamstern, deuten darauf hin, dass eine Impfung „durch die Nase“ möglicherweise eine noch bessere Schutzwirkung inklusive Verhinderung der weiteren Virusausscheidung erzielen könnte.

Engpässe bei Forschungsaffen durch Corona-Pandemie

Die Tierversuche mit Rhesusaffen fanden am in den USA (BioNTech/Pfizer und Moderna) bzw. in England (CureVac) statt. Die besonders schnellen Impfstoffentwickler könnten dabei von ihrer hohen Entwicklungsgeschwindigkeit profitiert haben: Aufgrund des Pandemie-Ausbruchs hatte China bereits Anfang des Jahres 2020 den Export von Primaten für die Forschung komplett eingestellt. Dieser Effekt trat mit Verzögerung ein und bringt nun Corona-Forschungsprojekte durch die erhöhte Nachfrage nach diesen Tieren zunehmend in Bedrängnis. In den USA stammt der Großteil der Affen, die in der Forschung eingesetzt werden, aus China. In einem Brief der European Animal Research Association (EARA) an die WHO wird berichtet, dass die Verfügbarkeit von Primaten für die Forschung auch in Europa zunehmend zum Engpass wird.

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